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# taz.de -- Stadt macht Rechten Platz: Fragwürdige Veranstalter
> In Grevesmühlen steigt am Wochenende ein Open Air auf kommunalem Grund.
> Die Veranstalter fallen bisher vor allem durch rechte Gesinnung auf.
Bild: Schon 2015 bei den MVGIDA-Aufmärschen gegen Muslime waren die Konzertver…
HAMBURG taz | „Wir öffnen unsere Pforten, um mit Euch zu rocken.“ Mit
diesen Worten kündigt das Unternehmen „IRE“ von Roland Riehl und Frank
Ehrhardt das Megalith Open Air in Grevesmühlen an. Am Wochenende findet das
Festival zum ersten Mal statt – und zwar mit Unterstützung der Stadt
Grevesmühlen. Das Problem: Die Veranstalter sind in der Vergangenheit durch
ihre politische Haltung weit rechts der Mitte aufgefallen.
„Wir haben uns da sehr genau informiert“, sagt hingegen Lars Prahler,
Bürgermeister der Stadt in Mecklenburg-Vorpommern. „Haben Sie da eine
Gesinnungsdatei?“, fragt Prahler nach, als die taz wegen politischen
Verstrickungen der Festival-Veranstalter nachfragt. Eine Gesinnungsdatei
gibt es natürlich nicht, bekannt ist aber, dass der offiziell als
Hauptverantwortlicher des Events auftretende Riehl bei Facebook offen mit
dem ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt und dem Vorsitzenden des
NPD-Kreisverbandes Westmecklenburg, Andreas Theißen, befreundet war.
Inzwischen hat er seine Freundschaften versteckt.
Bekannt ist auch, dass der heute 38-jährige Riehl an einem Treffen der
neonazistischen Vereinigung Hammerskins in Jamel teilgenommen hat. Außerdem
marschierte er im April 2015 gemeinsam mit seinem Kollegen Ehrhardt bei der
NPD-dominierten islamfeindlichen MVgida in Schwerin mit. Kurze Zeit später
reihte er sich bei einer Kundgebung des rassistischen Bürgerprotestes von
„Unser Grevesmühlen“ ein.
Für die Grevesmühlener Stadtverwaltung, die das Festival-Gelände
mitorganisiert hat, ist das offenbar unproblematisch. Das sei eben die
Vergangenheit von Riehl. „Er hat mit der rechtsextremen Szene nichts mehr
zu tun“, sagt Prahler. Die Polizei habe ihm erklärt, dass Riehl, also ihr
direkter Ansprechpartner, nicht mehr Teil der rechten Szene sei.
Dass die Stadt sich darauf zurückzieht, dass alleine Riehl ihr
Ansprechpartner für das Festival sei, irritiert. Auf der
Firmen-Facebook-Seite, über die auch das Festival beworben wird, werden
sowohl Riehl als auch Ehrhardt als Betreiber von „IRE“ genannt. Das Angebot
der Firma geht vom Entrümpeln über Schrotthandel, Bühnenbau und
Ordnerdienst bis zum Eventmanagement. In Grevesmühlen hat das Unternehmen
seinen Sitz.
Zur politischen Haltung von Firmen-Kompagnon Ehrhardt konnte Bürgermeister
Prahler nichts sagen. Die Frage, ob auch Ehrhardt laut Polizei aus der
rechten Szene raus sei, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Ehrhardt trat mehrmals als Ordner bei Veranstaltungen der NPD auf. Er nahm
an einem Neonazi-Vortrag im Thinghaus 2015 teil, war beim Trauermarsch in
Demmin 2015 und bei Aufmärschen in Halbe und Verden 2005 oder bei einem
Rechtsrock-Event dabei. Erst im Mai lief er mit Anhängern der rechten
Bruderschaft Weiße Wölfe Terrorcrew in Schwerin mit.
Auf den Facebook-Accounts von Riehl und Ehrhardt finden sich jedenfalls
nach wie vor auch rassistische Sprüche im Bekanntenkreis. Als sich
Glatzkopf Riehl auf einem Foto verkleidet mit schwarzer Lockenperücke und
dunkel geschminkter Haut zeigt, schreibt zum Beispiel einer: „Wer ist denn
die Teerpappe da links?“ Riehls Antwort: „Dein Homi“. Und bei Erhardt
findet sich unter anderem ein Beitrag, in dem ein Bekannter ihm schreibt:
„Aber bitte lasst mir aber die Nafris in Ruhe, nicht dass ihr Viehtreiben
spielt.“ Von einschlägigen Likes hat sich Festival-Organisator Riehl
ebenfalls nicht verabschiedet. Er mag bei Facebook unter anderem den Blood
& Honour-Gründer Ian Stuart und die NPD.
Bei dem Festival sollen am 18. und 19. August auf einem freien Gelände im
Gewerbegebiet Nordwest in Grevesmühlen 13 Bands auftreten. Das
Festivalgelände hat maximal Platz für 1.000 Besucher, heißt es aus der
Stadtverwaltung. Erwartet werden nur rund 300 Besucher.
16 Aug 2017
## AUTOREN
Andreas Speit
andrea Röpke
## TAGS
Rechtsrock
Schwerpunkt Pegida
Mecklenburg-Vorpommern
Schwerpunkt Neonazis
Kunstfreiheit
Schwerpunkt Rechter Terror
Rechtsextremismus
NPD-Verbot
Jamel
Schwerpunkt Rassismus
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