# taz.de -- Kommentar Bundespräsidentenwahl: Der Weiter-so-Kandidat | |
> Union und SPD haben sich geeinigt: Frank-Walter Steinmeier wird | |
> Bundespräsident. Er steht für ein hermetisches politisches System. | |
Bild: Außenminister Frank-Walter Steinmeier steht wie kein Zweiter für den Ty… | |
Frank-Walter Steinmeier ist ein kluger, ruhiger Mann, der zuhören kann. Er | |
ist nicht eitel. Und er ist undogmatisch. Das macht ihn zu einem | |
tragfähigen Konsenskandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Denn | |
dorthin, wo er heute ist, hätte er auch auf anderem Wege gelangen können – | |
etwa mit einem CDU-Parteibuch. | |
[1][Man könnte also sagen]: Steinmeier, der dienende Beamte, der geduldige | |
Aufwärtsfahrer, stets maßvoll im Ton, ist genau der Richtige, um einer | |
Welt, die so bedrückend aus den Fugen zu geraten scheint, beruhigende | |
Antworten zu geben. Niemand steht mehr für Stabilität als dieser | |
demokratische Funktionär. | |
Er wird sicher nichts kaputt machen. Oder vielleicht doch? | |
Gerade weil seine Person so sehr mit Kontinuität verbunden wird, ist | |
Steinmeier nicht der Richtige für dieses Amt. In einer Zeit, in der sich | |
alle Anstrengungen darauf richten müssen, die soziale Spaltung der | |
Gesellschaft und den aufkommenden Autoritarismus auch in Deutschland zu | |
bekämpfen, signalisiert seine Person: weiter so! Wer jedoch vermittelt, | |
alles müsse nur so laufen wie bisher, bietet Populisten Angriffsfläche. | |
Während sich große Teile der Gesellschaft von der politischen Klasse nicht | |
mehr repräsentiert fühlen, soll nun also ausgerechnet einer Präsident | |
werden, der wie kein Zweiter für den Typus des Berufspolitikers steht. Soll | |
er künftig der Bundesregierung mahnende Worte aus der Distanz zurufen? Kann | |
er das Volk glaubhaft repräsentieren? | |
Ein künftiger Präsident oder eine Präsidentin wird außerdem, wenn er oder | |
sie bedeutsam sein will, die soziale Frage zu einem Kernanliegen machen | |
müssen. Wie die Frage von Ausgrenzung und Teilhabe in Deutschland | |
beantwortet wird, wird bestimmen, ob es gelingt, die Entwicklung zu einer | |
immer stärkeren Polarisierung, zu Fremdenfeindlichkeit und Gewalt | |
aufzuhalten. Was kann Steinmeier, Architekt der Agenda 2010, dazu | |
beitragen? | |
Viele diskutieren nun machtarithmetische Fragen wie: Hat Gabriel sich | |
durchgesetzt? Hat Merkel verloren? Ist Steinmeier ein Zeichen für | |
Schwarz-Rot? Das ist nicht Politik, sondern deren Simulation. Steinmeiers | |
Erfolg ist allein ein Zeichen dafür, dass die politische Klasse in Berlin | |
nicht das Zutrauen hat, eine Person zu benennen, die für mehr steht als ein | |
hermetisches politisches System. | |
14 Nov 2016 | |
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## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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