# taz.de -- Steinmeier als Bundespräsident: Ein durchaus beliebter Politiker | |
> Steinmeier soll Staatsoberhaupt werden. Er gilt als gewandter Diplomat. | |
> Aber es liegt ein Schatten auf seiner Karriere: der Fall Kurnaz. | |
Bild: Goldige Wahl | |
BERLIN taz | Mag sein, Frank-Walter Steinmeier freut sich auf sein neues | |
Amt des Bundespräsidenten. Mag sein, er ist erleichtert, dass ihm – wegen | |
der großen Mehrheit bei der Abstimmung – ein zweiter, gar ein dritter | |
Wahlgang erspart bleibt. So ganz wohl dürfte Steinmeier dennoch nicht sein. | |
Und das liegt an seiner Frau. | |
Elke Büdenbender ist Richterin am Berliner Verwaltungsgericht. Sie ist das, | |
nach allem, was man weiß, gern. Als Frau des Bundespräsidenten aber wäre | |
damit Schluss. Eine First Lady, die Urteile spricht, derlei scheint | |
undenkbar. Stattdessen müsste die Juristin schon recht bald | |
Repräsentationspflichten übernehmen, ausgestattet mit eigenem Büro und | |
eigenem Mitarbeiterstab. Bei Reden und Empfängen, auf Reisen und in | |
Rathäusern sollte sie mit geneigtem Haupt ihrem Ehemann lauschen und | |
freundlich lächelnd viele Hände schütteln. | |
Elke Büdenbenders Vorstellungen von einem interessanten und | |
selbstbestimmten Leben entspräche dies eher nicht, ist aus dem Umfeld des | |
Ehepaars zu hören. Die Juristin, die 2010 von ihrem Ehemann eine Niere | |
gespendet bekam, hat nie viel Wert auf Öffentlichkeit gelegt – an der sie | |
in Zukunft kaum vorbeikommen wird. | |
So ist jetzt nun mal die Lage. Am Montagmorgen haben sich CDU, CSU und SPD | |
auf Frank-Walter Steinmeier als gemeinsamen Kandidaten für das Amt des | |
Bundespräsidenten geeinigt. Mit gerade 61 Jahren dürfte der | |
Nochaußenminister Mitte Februar zum zwölften Staatsoberhaupt des | |
Bundesrepublik gewählt werden. Er wäre der dritte Sozialdemokrat in diesem | |
Amt. | |
## Fleißig und erkennbar gewandt | |
Steinmeiers Parteichef Sigmar Gabriel ist erkennbar froh. Sein Vorpreschen | |
in dieser hoch brisanten Personalfrage hat sich ausgezahlt: Er hat seinen | |
Kandidaten durchgesetzt, während die Union das Nachsehen hat. | |
Bei einer kurzen Pressekonferenz im Berliner Willy-Brandt-Haus sagt Gabriel | |
auf eine entsprechende Frage: „Ich habe gar nichts geschafft, die Person | |
Frank-Walter Steinmeier hat überzeugt.“ In einer Zeit der Umbrüche und der | |
Unsicherheit sei das Vertrauen der Bevölkerung in den höchsten | |
Repräsentanten des Staates „unabdingbar“, fügte Gabriel hinzu. Gebraucht | |
werde jemand, „der das Vertrauen genießt, die Sprachlosigkeit überwinden | |
kann und mit dem sich möglichst große Teile unserer Gesellschaft | |
identifizieren können“. | |
Tatsächlich gilt Frank-Walter Steinmeier als anerkannter und durchaus | |
beliebter Politiker. Keine Kleinigkeit, gemessen an der derzeit | |
grassierenden Politikerverachtung. Der SPD-Mann ist fleißig und erkennbar | |
gewandt auf dem diplomatischen Parkett. Ob Ukraine-Krise, Syrien-Krieg, | |
Irak und Afghanistan, ob China, USA , Russland oder Sudan – der deutsche | |
Außenminister ist permanent unterwegs und mit allen im Gespräch. Genau | |
diese Zugewandtheit und Prinzipientreue prädestinieren ihn für das neue | |
Amt. | |
Aber natürlich gibt es auch Kritik an diesem Kandidaten. Steinmeier steht | |
nicht nur für die sogenannte Agenda 2010, die er als Gerhard Schröders | |
Kanzleramtschef mit getragen hat, oder für das historisch schlechteste | |
SPD-Wahlergebnis von 23 Prozent, das er als Spitzenkandidat zur | |
Bundestagswahl 2009 geholt hat. Mit dem Namen Steinmeier fällt auch immer | |
der Name Murat Kurnaz. | |
## Schulz als Nachfolger? | |
Der in Deutschland geborene und aufgewachsene Kurnaz war von Januar 2002 | |
bis August 2006 ohne Anklage im berüchtigten US-Gefangenenlager Guantanamo | |
Bay auf Kuba festgehalten und gefoltert worden. Steinmeier wird | |
vorgeworfen, sich als Schröders Kanzleramtschef einer Auslieferung von | |
Kurnaz nach Deutschland in den Weg gestellt zu haben. Dabei sollen sowohl | |
deutsche als auch US-Nachrichtendienste von dessen Unschuld überzeugt | |
gewesen sein. Noch als Außenminister der rot-grünen Bundesregierung hatte | |
Steinmeier 2007 erklärt: „Ich würde mich heute nicht anders entscheiden.“ | |
Am Montag meldete sich Murat Kurnaz gleich nach der Bekanntgabe von | |
Steinmeiers Kandidatur zu Wort. „Bis heute ist Frank-Walter Steinmeier | |
nicht auf mich zugekommen, bis heute hat er sich nicht entschuldigt“, | |
teilte er über seinen Anwalt mit. Für Kurnaz sei es „eine offene Wunde“, | |
dass der deutsche Staat ihn in der Not im Stich gelassen habe. | |
Hauptverantwortlicher dafür sei Frank-Walter Steinmeier. | |
Kurnaz-Anwalt Bernhard Docke sagte: „Herr Steinmeier mag ein guter und | |
bedächtiger Außenminister sein und sich diverse Verdienste erworben haben. | |
Doch es gibt einen dunklen Fleck in seiner politischen Biografie, und | |
diesen Makel sollte er bereinigen, bevor er das höchste Staatsamt | |
übernimmt. Die Zeit dafür ist überreif.“ | |
Bis zur Wahl durch die Bundesversammlung am 12. Februar 2017 sind genau | |
drei Monate Zeit. Bis dahin muss Steinmeiers Nachfolge für das Amt des | |
Außenministers geklärt sein. | |
Prompt melden CDU und CSU am Montag ihren Anspruch auf das Auswärtige Amt | |
an. Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, [1][sagt | |
gegenüber Zeit Online]: „Was für den Bundespräsidenten gilt, nämlich, dass | |
der beste Bewerber es werden möge, gilt auch für den Bundesaußenminister.“ | |
Er sehe in der SPD niemanden, der das Amt ausfüllen könne. Ganz anders | |
natürlich die SPD. Dort wird EU-Parlamentspräsident Martin Schulz als | |
künftiger Außenminister gehandelt. | |
14 Nov 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-11/bundespraesident-steinmeier-… | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
Martin Kaul | |
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