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# taz.de -- Gesetzentwurf zu Videoüberwachung: De Maizière will mehr Kameras
> Das Gesetz soll private Überwachung erleichtern. Der Datenschutz wird
> dadurch geschwächt. Kritiker halten das für reine Symbolpolitik.
Bild: 1.000 Überwachungskameras mehr im Jahr, das würde mit dem neuen Gesetz …
Freiburg taz | Die Installation privater Videokameras soll erleichtert
werden. Das sieht ein Videoüberwachungs-Verbesserungs-Gesetz vor, das
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vorschlägt. Der Entwurf, mit dem das
Bundesdatenschutzgesetz geändert werden soll, liegt der taz vor.
Derzeit gibt es für private Videokameras in öffentlich zugänglichen Räumen
zwei Vorgaben: Zum einen müssen die Nutzer auf die Überwachung hingewiesen
werden. Zum anderen sind private Kameras nur zulässig, wenn die Interessen
der Betreiber die Interessen der beobachteten Nutzer überwiegen. In diese
Abwägung will de Maizière nun eingreifen.
Sein Gesetzentwurf kritisiert eine Verfügung des Hamburger
Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar. Der hatte 2010 den Betreiber des
Hamburger Einkaufszentrums Alstertal aufgefordert, 24 von 75 Kameras
abzubauen. Akzeptiert wurden nur Kameras, die auf Fluchtwege,
Schließfächer, Kassenautomaten, Anlieferungszonen und Parkbereiche
gerichtet waren. Dagegen sei eine großflächige Videoüberwachung in den
Ladenpassagen, einschließlich der Ein- und Ausgänge und Rolltreppen,
bedenklich. Die Kunden hätten das Recht, „sich in der Öffentlichkeit frei
bewegen zu können, ohne befürchten zu müssen, dabei ständig beobachtet zu
werden“. Die Verhinderung und Aufklärung von Straftaten sei Aufgabe der
Polizei und nicht des Einkaufszentrums.
Caspar war gezielt gegen das Zentrum Alstertal vorgegangen, weil der
Betreiber ECE bundesweit Marktführer für Einkaufszentren ist und seinen
Sitz in Hamburg hat. Eigentlich wollte der Datenschützer einen
Musterprozess führen, doch ECE gab nach und baute die beanstandeten Kameras
ab. Auch in seinen übrigen rund 100 Zentren befolgte ECE die Vorgaben.
## Neue Grundlage für mehr Überwachung
Der rigiden Datenschutz-Aufsicht will Innenminister de Maizière nun den
Boden entziehen. Bei der Abwägung soll künftig auch der „Schutz von Leben,
Gesundheit und Freiheit“ der Besucher „in besonderem Maße“ berücksichti…
werden, heißt es im Gesetzentwurf. In der Begründung wird ausdrücklich der
Schutz vor Terroranschlägen und Amokläufen genannt. Die Neuregelung soll
nicht nur für Einkaufszentren, sondern auch für Sport- und Freizeitanlagen
sowie Bahnhöfe, Züge und Flughäfen gelten. Insbesondere gegen
Selbstmordattentäter gilt eine Videoüberwachung allerdings als wenig
effizient. Wer bereit sei zu sterben, freue sich eher über die
symbolträchtigen letzten Bilder, so Exbundesdatenschützer Peter Schaar.
Als Innenminister de Maizière im Sommer sein Anti-Terror-Paket vorstellte,
verwies er auf eine „kürzlich erfolgte Bombendrohung“ in einem
Einkaufszentrum in Dortmund. Dort hätten Videoaufzeichnungen „zur
Aufklärung der Sachlage beitragen können“, wenn es genügend Kameras gegeben
hätte. Datenschützer Caspar überzeugt das nicht. In der Dortmunder
Thier-Galerie seien knapp 50 Kameras im Einsatz. Für eine flächendeckende
Überwachung des Kaufhauses wären viel mehr Kameras erforderlich gewesen,
deren Material tagelang hätte ausgewertet werden müssen. Stattdessen wurde
das Zentrum nach der Bombendrohung mit Spürhunden durchsucht, und nach
wenigen Stunden konnte Entwarnung gegeben werden.
Doch de Maizière geht es vermutlich nur um die Botschaft, er verstärke die
Sicherheit, indem er die Videoüberwachung ausweite. Ob die privaten
Betreiber nach einer gesetzlichen Neuregelung tatsächlich auf eigene Kosten
mehr Kameras aufstellen, kann de Maizière aber nur hoffen, nicht anweisen.
Derzeit werden nach Angaben seines Ministeriums bundesweit jährlich rund
22.500 private Überwachungskameras neu aufgebaut. Nach der Gesetzesänderung
könnten es jährlich rund 1.000 Kameras zusätzlich geben, schätzt das
Ministerium. Noch in diesem Jahr soll der Gesetzentwurf vom Kabinett auf
den Weg gebracht werden.
8 Nov 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Innenminister Thomas de Maizière
Schwerpunkt Überwachung
Johannes Caspar
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Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Videoüberwachung
Datenschutz
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