| # taz.de -- Aktivität des EU-Parlamentspräsidenten: Der selbsternannte Retter | |
| > Martin Schulz ist in der Ceta-Krise omnipräsent. Wieso nur? Sein | |
| > Engagement sorgt in Brüssel jedenfalls für Stirnrunzeln. | |
| Bild: Krawatte gerade gerückt und weiter geht's: Martin Schulz im Einsatz | |
| Brüssel taz | Diese Krise kommt für Martin Schulz wie gerufen. Gerade war | |
| der Chef des Europaparlaments ein wenig in Vergessenheit geraten. Im Streit | |
| um Ceta hatte Schulz bisher nicht viel zu melden; sein Genosse Sigmar | |
| Gabriel führte beim SPD-Konvent die Regie und gab auch die Richtung vor. | |
| Nicht schön für Schulz, der sich gern als Präsident für alle und alles in | |
| Europa präsentiert. | |
| Nun steht er wieder im Rampenlicht. Schulz schüttelt Hände, gibt | |
| Interviews, vermittelt zwischen Namur, der Hauptstadt der Wallonie, Brüssel | |
| und natürlich auch Berlin. Schließlich gehört er dem Parteivorstand der SPD | |
| an, als Europa-Beauftragter. Regelmäßig reist er an die Spree, um die | |
| EU-Politik zwischen Gabriel und seinem Freund Jean-Claude Juncker | |
| abzustimmen. | |
| Den Kommissionschef hat Schulz schon gerettet – vor einem | |
| Untersuchungsausschuss, der nach der LuxLeaks-Affäre wohl das Aus für den | |
| Luxemburger bedeutet hätte. Nun gilt es Ceta zu retten. Kaum dass Kanzlerin | |
| Angela Merkel am Freitag unverrichteter Dinge den EU-Gipfel in Brüssel | |
| verlassen hatte, begann der Feuerwehr-Einsatz. Dabei hat niemand Schulz | |
| gerufen. | |
| Wozu auch? Das Europaparlament ist bei Ceta erst ganz am Schluss an der | |
| Reihe, wenn und falls alle 28 EU-Staaten das Ja-Wort gegeben haben. Im | |
| Januar soll es so weit sein. Doch so lange will Schulz nicht warten. Schon | |
| am Samstag traf er sich mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia | |
| Freeland, um Kompromisse auszuloten. | |
| Das zeigte zwar keine Wirkung, Freeland reiste nach Kanada ab. Kurz danach | |
| bekräftigte die Wallonie, dann auch die Region Brüssel, ihr Nein zu Ceta. | |
| Selbst dem belgischen Premier Charles Michel gelang es nicht mehr, die | |
| abtrünnigen Regionen auf Linie zu bringen. Doch das scheint Schulz nicht zu | |
| stören. Er glaube weiter an eine Lösung, sagte er im deutschen Fernsehen. | |
| ## Für wen spricht Schulz? | |
| Für wen spricht Schulz? Ob das nur für das deutsche Publikum bestimmt war? | |
| Vielleicht sogar, um seinen Anspruch auf eine mögliche | |
| SPD-Kanzlerkandidatur zu bekräftigen? Das fragen sich viele in Brüssel. | |
| Denn hier, am Sitz der EU-Kommission, sind sich alle einig, dass der Ball | |
| nun im Feld der Belgier liegt, nicht der Deutschen. | |
| Allenfalls auf Parteiebene, als Sozialdemokrat, hat Schulz noch Einfluss. | |
| Der Wortführer der Ceta-Gegner, der wallonische Ministerpräsident Paul | |
| Magnette gehört als Sozialist derselben Parteienfamilie an. Das gilt aber | |
| auch für Bernd Lange, den Chef des Handelsausschusses im Europaparlament. | |
| Und der sagt, Ceta sei nicht mehr zu retten. | |
| Lange sprach nach dem belgischen Nein sogar von „einem weiteren Schritt zur | |
| Zerstörung der EU“. Er müsste es wissen, denn er ist der Handelsexperte der | |
| Sozialdemokraten, nicht Generalist Schulz. Dessen Auftritte sorgen hinter | |
| den Kulissen für Stirnrunzeln und sogar Ablehnung. Denn auch im | |
| EU-Parlament gibt es Widerstand gegen Ceta. | |
| Mehr als 80 Abgeordnete der Linken und Grünen haben der Wallonie ihre | |
| Unterstützung zugesagt. Und selbst jene Grünen, die das Verhalten der | |
| störrischen Belgier kritisieren, stehen deswegen noch lange nicht hinter | |
| Schulz. So beklagt Sven Giegold, ein deutscher Grüner, dass die | |
| Fachausschüsse des Europaparlaments nichts mehr zu dem Abkommen sagen | |
| dürfen. | |
| „Ich fühle mich meiner Rechte beraubt“, fügt er empört hinzu. Die Kritik | |
| richtet sich auch an Schulz, den selbst ernannten Retter Europas. | |
| 26 Oct 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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