# taz.de -- Kommentar Folter in der Türkei: Falsche Zurückhaltung | |
> Die Folter in der Türkei ist zurück. Die EU muss darauf genauso | |
> entschieden reagieren wie auf die Debatte über die Wiedereinführung der | |
> Todesstrafe. | |
Bild: Mit aller Härte: Seit dem gescheiterten Putsch im Juli gilt in der Türk… | |
Mit dem [1][Bericht von Human Rights Watch] bestätigt sich, was angesichts | |
einzelner Meldungen und bekannt gewordenen Vorkommnisse bereits befürchtet | |
wurde: Die Folter in der Türkei ist zurück. | |
Physisches und psychisches Leid zuzufügen war bis kurz nach der | |
Jahrtausendwende vor allem im Umgang mit kurdischen Gefangenen an der | |
Tagesordnung. Es ist ein frühes Verdienst der AKP und des heutigen | |
Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gewesen, parallel zur Entspannung in den | |
kurdischen Gebieten auch die Folter als Verhörpraxis der Polizei zu ächten. | |
Doch als der Friedensprozesses mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK | |
abbrach, hat sich das Blatt schon Mitte des letzten Jahres gegenüber den | |
Kurden gewendet. Und jetzt, nach dem Putschversuch vom 15. Juli, ist Folter | |
offenbar gegenüber allen Untersuchungsgefangenen im Gewahrsam der | |
Antiterrorpolizei wieder die Regel. Schläge, Schlafentzug, sexuelle | |
Nötigung – all das wird wieder systematisch angewandt. | |
Die Regierung bestreitet die Vorwürfe und redet von einzelnen Verfehlungen. | |
Sie ist bemüht, den Ausnahmezustand vor allem mit Verweis auf Frankreich | |
als normale europäische Antiterrormaßnahme darzustellen. Der französische | |
Außenminister, am Montag zu Besuch in Ankara, hat dagegen nur schwach | |
protestiert. Das ist absolut zu wenig. Die EU und die einzelnen | |
europäischen Länder müssen auf Folter genauso massiv reagieren wie auf die | |
Debatte über die Wiedereinführung der Todesstrafe. | |
Das kann aber nicht heißen, das Gespräch mit der türkischen Regierung | |
abzubrechen. An diesem Punkt treffen sich derzeit fatalerweise Rechte und | |
einige Linke, konkret CSU und Linkspartei. Die einen, weil sie die Türkei | |
noch nie als EU-Mitglied wollten, die anderen aus echter Empörung. Aber | |
Empörung nutzt nichts, wenn man keinen Druck machen kann. Und Druck ist nur | |
möglich, wenn man im Gespräch bleibt und gegebenenfalls etwas zu bieten | |
hat. | |
25 Oct 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hrw.org/de/news/2016/10/25/tuerkei-notstand-ermoeglicht-folter | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
## TAGS | |
Folter | |
Schwerpunkt Türkei | |
PKK | |
Human Rights Watch | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
Putschversuch Türkei | |
Putschversuch Türkei | |
Schwerpunkt Syrien | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Türkei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Explosion im Süden der Türkei: Regierung vermutet PKK-Anschlag | |
Eine heftige Explosion erschüttert das Gouverneursamt von Adana. Zwei | |
Menschen sterben. Ein Minister spricht von „Terror“, die genauen Umstände | |
sind unklar. | |
Beziehungen zwischen EU und Türkei: Nur keinen Bruch riskieren | |
Trotz der Menschenrechtsverstöße hält die EU an den Beitrittsgesprächen mit | |
der Regierung in Ankara fest. Erdoğan zündelt weiter. | |
Folgen des Putschversuchs in der Türkei: Todesstrafe und Säuberungen | |
Der türkische Präsident Erdogan sagt, das Parlament werde bald über die | |
Wiedereinführung der Todesstrafe entscheiden. 10.000 weitere Beamte wurden | |
entlassen. | |
Human Rights Watch über Türkei: Blankoscheck für Folter | |
Menschenrechtler berichten über die Zunahme von Folter seit dem | |
Putschversuch im Juli. Sie fordern die Abschaffung der 30-tägigen | |
Polizeihaft. | |
Uno zur Menschenrechtslage in Syrien: Das Gegenteil von Sicherheitsorganen | |
Der Menschenrechtsbericht fällt düster aus. Der Dissens darüber, wer als | |
Terrorist gilt, verhindert einen tragfähigen Waffenstillstand. | |
Vier Wochen nach dem Putschversuch: Weiterhin Razzien in der Türkei | |
Einen Monat nach dem misslungenen Putsch in der Türkei gibt es immer noch | |
Festnahmen. 17.000 Gefangene warten in der U-Haft auf ein Verfahren. | |
Nach dem Putsch in der Türkei: Der Parallelfeind in dir | |
Die Türkei driftet in zwei Universen ab. Im einen wird der Ausnahmezustand | |
bejubelt. Im anderen ringt man um den Verstand, der das begreifen soll. |