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# taz.de -- Hamburger Verfassungsschutz und Politik: Linksjugend böse, AfD ok
> Der Leiter des Hamburger Verfassungsschutz lehnt eine Einladung zur
> Diskussion beim linken Jugendverband Solid ab. Mit der AfD hat er keine
> Probleme.
Bild: Verteidigt die demokratische Grundordnung gegen den Verfassungsschutz: Li…
HAMBURG taz | Ist Torsten Voß, Hamburgs Verfassungsschutz-Leiter, auf dem
rechten Auge blind? Oder sieht er auf links einfach besonders scharf? Diese
Frage wird seit Dienstag neu debattiert, zumindest in linken Kreisen. Voß
lehnt es nämlich ab, mit Mitgliedern von Solid, dem Jugendverband der
Linkspartei, zu diskutieren.
Solid repräsentiert die Parteimitglieder der Linken unter 35 Jahren. Diese
hatten Voß zu einer Debatte eingeladen, ähnlich wie dies die AfD im Juni
tat. Schließlich hatte Voß angekündigt, die Positionen des Landesamtes für
Verfassungsschutz (LfV) in Vorträgen darzulegen und sich inhaltlichen
Diskussionen mit allen demokratischen Parteien zu stellen. Ein Angebot, das
auf Gegenliebe stieß.
Aber eben auch ein Angebot, das offensichtlich doch nicht für alle
demokratischen Parteien gilt. Solid-Landessprecher Bijan Tavassoli erhielt
jedenfalls eine Absage per Mail, die der taz vorliegt. Darin lässt Voß
durch eine Mitarbeiterin mitteilen, der Leiter des Landesamtes für
Verfassungsschutz (LfV) sei gern bereit, sich Diskussionen, „auch in
kontroverser Weise“ zu stellen.
Die Jugendorganisation der Linken gehöre allerdings zu den vom Hamburger
Verfassungsschutz und anderen Verfassungsschutzämtern Deutschlands wegen
der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen beobachteten
Organisationen. Dies könne Tavassoli in den jährlich erscheinenden
Verfassungsschutzberichten nachlesen, in denen seine Organisation seit
Jahren unter dem Kapitel „Linksextremismus“ aufgeführt werde. „Herr Voß
wird daher nicht Ihrer als verfassungsfeindlich eingestuften Organisation
Gelegenheit bieten, ihre Agitation propagandistisch mit seiner Funktion zu
verknüpfen“, heißt es in der Mail.
Auf eine Anfrage der taz zum Sachverhalt, ließ Voß gestern schriftlich
verlautbaren, dass er gern bereit sei, sich mit der Linken
auseinanderzusetzen, nicht aber mit dem Jugendverband. Dieser stelle „ein
Beobachtungsobjekt des LfV Hamburg“ dar. Aus diesem Grund werde er nicht
bei den jungen Linken auftreten.
Dafür stellte sich Voß im Juni bei der AfD vor. Um rechte Gewalt gegen
geflüchtete Menschen oder anderweitige rechtsextremistische Bedrohungen
ging es ihm damals aber nicht. Er sprach bei der AfD zu den Themen Islam
und Islamismus.
Dafür wurde Voß von verschiedenen Seiten kritisiert. Er konterte dies im
Hamburger Abendblatt so: „Die AfD ist kein Beobachtungsobjekt, sie sitzt in
der Bürgerschaft, sie sitzt im parlamentarischen Kontrollausschuss und
kontrolliert mich. Und ich war auf Einladungen von SPD, Grünen, FDP und der
CDU schon auf mehreren Veranstaltungen von Fraktionen und Parteien.“ Selbst
den „Ring Christlich-Demokratischer Studenten“, den
CDU-Studierendenverbund, hat Voß in Hamburg besucht.
Die Linkspartei fehlt in dieser Aufzählung, was Tavassoli aufregt. „Für uns
ist die freiheitlich-demokratische Grundordnung eine
Selbstverständlichkeit. Diese verteidigen wir, gerade auch gegen den
Verfassungsschutz“, sagt er. Dass der Staat seine Partei überwacht, kann er
nicht nachvollziehen. „Einerseits zahlt uns der Staat Fördergelder,
andererseits überwacht er uns. Wie passt das zusammen?“ Erklären kann sich
Tavassoli das nicht, er schlussfolgert aus alldem aber, dass Voß „die Linke
fälschlicherweise eben nicht für demokratisch hält“.
Voß sieht das differenzierter. Die Linke sei von ihrer Jugendorganisation
zu trennen. Die Gesamtpartei werde nicht vom Hamburger Verfassungsschutz
beobachtet, also auch nicht als verfassungsfeindlich eingeschätzt.
„Lediglich die revolutionär-marxistischen Strömungen innerhalb der Partei
werden vom LfV Hamburg beobachtet, wozu auch die Linksjugend (Solid)
zählt“, teilte Voß mit.
Tavassoli findet dies „eine abstruse Version“, zumal der Jurastudent weiß,
dass am Grundgesetz auch „Kommunisten mitgeschrieben haben, Nazis jedoch
nicht“. Sein Fazit: „Beim Verfassungsschutz und BND hat es leider
Tradition, dass man auf dem rechten Auge eher blind ist.“
12 Oct 2016
## AUTOREN
David Joram
## TAGS
AfD Hamburg
Schwerpunkt AfD
Verfassungsschutz
Rechtspopulismus
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