| # taz.de -- Kolumne Lügenleser: Den täglichen Terror gib uns heute | |
| > Zivilgesellschaft und Politik haben nicht vor, gegen rassistische | |
| > Angriffe aktiv zu werden. Dabei wäre ein entschlossenes Auftreten derzeit | |
| > so wichtig. | |
| Bild: Oersdorf den Oersdorfern: Ein Gruppe organisierter Neonazis greift eine P… | |
| Wir wissen es längst. Wozu wiederholen, was jedem klar ist. Wozu die | |
| nackten Zahlen erneut zitieren, Dutzende, Hunderte von Überfällen, | |
| Brandanschlägen, Körperverletzungen. Jede Woche. Man kommt sich langsam | |
| dämlich vor, täglich darauf hinzuweisen. | |
| Die jeweiligen Gesprächsteilnehmer werden nicht müde, die immer gleichen | |
| Satzbausteine auf das virtuelle Schlachtfeld zu schicken. Diskussionen die | |
| an Tetris erinnern, alles erwartbar, jeder sucht die perfekte Vorlage, in | |
| die er seine Meinung einfügen kann, für den kurzweiligen Erfolg. | |
| Zwanzig Likes für meinen Kommentar, die Welt ein wenig besser gemacht. | |
| Warum also schon wieder dazu aufrufen, etwas zu unternehmen, aufzustehen, | |
| wütend zu werden. | |
| Ich möchte wiederholen. Ich möchte dazu aufrufen, endlich wütend und aktiv | |
| zu werden. Ich möchte Zahlen liefern, die einen im Innersten kaum noch | |
| erschüttern, obwohl man weiß, wie grausam die Taten hinter der Statistik | |
| sind. Unseren täglichen Terror gib uns heute. | |
| ## Rassistische Angriffe | |
| In der letzten Woche gab es einige Fälle die medial aufgearbeitet wurden. | |
| Jugendliche greifen drei syrische Kinder mit Messern an. Zwei volltrunkene | |
| Männer mit Schlagstock und Schlagring im Gepäck, überfallen eine Familie | |
| aus Liberia in deren Wohnung. | |
| Ein Gruppe organisierter Neonazis greift eine Polizeiwache an. Ein | |
| Bürgermeister, der niedergeknüppelt wird, nachdem er Flüchtlinge aufnehmen | |
| möchte. „Oersdorf den Oersdorfern“ stand in einem der zuvor verschickten | |
| Drohbriefe. Wenn Inzest zum Volkswillen wird. | |
| Und da sind die Fälle die medial leider keine richtige Chance hatten. Etwa | |
| der Messerangriff auf drei Geflüchtete in Hamburg, in der Nacht des 3. | |
| Oktobers. Die Zeugenaussagen zeichnen das Bild eines rassistischen | |
| Angriffs. | |
| Bleibt die Frage, ob die Berichterstattung abseits der täglichen Empörung | |
| überhaupt nötig ist. Wem ist damit geholfen? Was bringt die tägliche, | |
| virtuelle Empörung den Opfern? Wie zielführend ist die „Diskussion“ mit | |
| denen, die längst nicht mehr empfänglich für Fakten und Argumente sind? | |
| Die Geschichte der Bundesrepublik hat gezeigt, dass Faschisten und | |
| Rassisten immer dort erstarken, wo sie glauben für eine schweigende | |
| Mehrheit zu sprechen und sich als verlängerten Arm des Volkswillens sehen. | |
| ## „Aufstand der Anständigen“ | |
| Die Schuld für den aktuellen Zustand abzuwälzen, auf die Politiker, die | |
| sich schon immer durch einen rechten Sprachduktus und eine Verschärfung der | |
| Asylgesetze hervorgetan haben, sobald Heime brennen, ist feige und falsch. | |
| Die breite Zivilgesellschaft und die Politik hatten und haben nicht vor, | |
| aktiv zu werden. Die wehrhafte Demokratie, eine Floskel. | |
| Der „Aufstand der Anständigen“ (schon damals nicht mehr als eine | |
| symbolische Geste zur Selbstbeweihräucherung) bleibt diesmal einfach ganz | |
| aus. Wir haben ja das Internet. | |
| Auf die Straße gehen, scheint den meisten zu kompliziert oder veraltet. | |
| Dabei gab es selten einen Zeitpunkt an dem entschlossenes Auftreten so | |
| wichtig wäre. Denn was auf den Straßen passiert, ist rechter Terror. | |
| Tagtäglich. Und den verhindert man nicht in Talkshows, im Bundestag oder | |
| vor dem Laptop. | |
| 11 Oct 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Juri Sternburg | |
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