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# taz.de -- Die Wahrheit: Hübscher als Theo Lingen
> Komplimente machen, bedeutet nicht selten, ins Fettnäpfchen treten – oder
> ist es möglicherweise vielleicht genau andersherum?
Bild: Vom Iltis als WC benutzt? Das Schneckenschiff aus Storchs Film „Die Rei…
Als ich neulich mal einen Oberbürgermeister besuchte, stellte der mich
einigen seiner Freunde und Kollegen nicht etwa mit den charmanten Worten
vor: „Ich möchte euch hier eine überaus reizende Dame vorstellen“, sondern
er rief im Brustton der Überzeugung und in der Lautstärke eines
Donnerschlags: „Das Erste, was ich heute Morgen beim Aufwachen dachte, war:
Ach scheiße, heute kommt ja Corinna.“ Und ich saß daneben und spürte die
mitleidigen Blicke aus einem Dutzend Augenpaaren wie Stiche von glühenden
Stricknadeln!
Ein anderes Mal fragte mich ein von mir verehrter Theaterintendant: „Sag
mal Corinna, ist es eigentlich ein Negativkompliment für dich, wenn ich dir
sage, dass ich dich hauptsächlich für deine Intelligenz schätze?“ Ich
wusste darauf nicht zu antworten, denn ich hatte mir meinen hübschesten
Pulli angezogen. Aber ich war damals auch erkältet, und der Rotz floss mir
aus beiden Nasenlöchern, und ich musste unentwegt husten. Vielleicht lag es
daran.
Vor einiger Zeit schaute ich mir mit meinem damaligen Gespielen einen alten
SchwarzWeiß-Film an. Irritiert bemerkte ich, wie mich der Freund eine Weile
lang nachdenklich von der Seite betrachtete. Auf meinen fragenden Blick hin
flüsterte er zärtlich: „Du bist ehrlich viel, viel hübscher als Theo
Lingen.“
Es ist noch nicht sehr lange her, da saß ich mit meinem Verlobten am Ufer
eines kristallklaren Bergsees. Schweigend und einander tief verbunden
betrachteten wir die zwei Schwäne, die majestätisch Seite an Seite ruhig
ihre Kreise drehten. Es war ein Augenblick vollendeter Harmonie und
Romantik. Und mein Verlobter legte seinen Arm um mich und sprach – den
verträumten Blick in die Ferne gerichtet: „Mit dir zusammen ist es fast so
schön wie allein.“
Ich bin aber auch nicht schlecht im Komplimente machen: Als mein Gefährte
und ich bei seinem Vorgesetzten zum ersten Mal zum Abendessen eingeladen
waren, schwor ich mir, mich vorbildlich zu benehmen. Kaum angekommen,
führten uns die Gastgeber durch ihre herrliche Wohnung und zeigten uns all
die wunderschönen Einrichtungsgegenstände und Kostbarkeiten, mit denen sie
ihr Heim in eine Oase des perfekten Geschmacks verzaubert hatten.
Ich war ehrlich beeindruckt – der Höhepunkt aber war die Küche. Noch nie
hatte ich eine solche Mischung aus Funktionalität und stilsicherer
Schönheit gesehen und es verschlug mir beinahe den Atem.
Als die Gastgeber am Ende der Besichtigung ihren elegant versteckten
Brotkasten vorführten, der „allein schon 600 Euro gekostet“ hatte, bildete
ich mir ein, dass sie mich erwartungsvoll ansähen. Mir war klar, ich musste
irgendwas Lobendes sagen und zwar schnell, da rief ich aus: „Hier ist es
genauso schön wie bei Ikea!“ Augenblicklich spürte ich, wie ich puterrot
anlief, denn das war wohl nicht ganz angemessen, und ich legte stammelnd
nach: „Und so schön sauber ist es hier auch! Und auch so aufgeräumt!“ Und
ich betete in Gedanken: „Erde, tu dich auf und verschlinge mich …“
11 Oct 2016
## AUTOREN
Corinna Stegemann
## TAGS
Sozialverhalten
Freunde
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Vögel
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