| # taz.de -- Das AfD-Problem der Linkspartei: Von lechts nach rinks | |
| > Die AfD kommt bei einigen Wählern der Linkspartei gut an. Wie gewinnt man | |
| > diese zurück? Nicht alle teilen den Nähe-Kurs von Sahra Wagenknecht. | |
| Bild: Wie geht man mit der Herausforderung AfD um? Die Linkspartei ist noch auf… | |
| Berlin taz | Oskar Lafontaine hat es wieder getan. Wenn es darum geht, | |
| komplexe Sachverhalte auf einfache Art zu beantworten, klimpert der | |
| politische Haudegen gern auf der Klaviatur des Populismus. Als die taz ein | |
| Doppelinterview seiner Ehefrau Sahra Wagenknecht und der AfD-Vorsitzenden | |
| Frauke Petry in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung [1][am Montag | |
| als „rechtes Konsensgespräch“ beurteilte], schlug Lafontaine am gleichen | |
| Abend auf seinem Facebookaccount [2][unter der Überschrift „Rechter | |
| Schmieren-Journalismus“] zurück. | |
| Der erste Absatz wurde von der Linksfraktion im Saarland, die sich damit | |
| hinter Lafontaines Journalistenschelte stellte, etwas später als Tweet | |
| verschickt. Wagenknecht musste am Dienstag auf Facebook [3][nur noch | |
| nachsetzen] – „Den Gipfel an Denunziation leistet sich die taz“ – und | |
| stellte das Interview ins Netz. | |
| Und siehe da: Die Ansicht, dass es zwischen Wagenknecht und Petry | |
| gedanklich bisweilen knistert, teilen auch Wagenknechts Facebookfans: | |
| „Treffen Sie sich doch mal zu einem Gespräch ohne Beobachter. Wenn eine | |
| Koalition in diesem Land etwas bewirken kann, dann Linke und AfD“, hieß es | |
| da. | |
| Aus der Bundespartei kamen dagegen spontane Solidaritätsbekundungen mit der | |
| gescholtenen taz. Die parlamentarische Geschäftsführerin der | |
| Bundestagsfraktion Petra Sitte [4][twitterte]: „Zur Leserschaft der taz | |
| gehören auch viele Linke … und ich werde nicht damit aufhören; auch wenn | |
| man nicht alles Geschriebene teilt.“ | |
| ## Ein Probeabo für Oskar Lafontaine | |
| „Mit solchen Äußerungen ist niemandem gedient“, meint Dominic Heilig, | |
| Mitglied des Parteivorstands, gegenüber der taz. „Ich würde Herrn | |
| Lafontaine gern ein Probeabo der taz geben.“ Halina Wawzyniak, die rechts- | |
| und netzpolitische Sprecherin der Fraktion, [5][teilte per Twitter | |
| lakonisch mit]: „spruch von einer angeblichen kampagne der angeblichen | |
| ‚neoliberalen kampfpresse‘ ist so stulle, der könnte glatt aus dem zk der | |
| sed stammen.“ | |
| Besorgter äußerte sich die Vorsitzende der „neoliberalen“ Grünen, Simone | |
| Peter, [6][in ihrem Tweet]: „… dieses Presse-Bashing zieht mir glatt die | |
| Schuhe aus. Die Linke hat ein Problem.“ | |
| Womit Peter nicht unrecht hat. Die Linke hat tatsächlich ein Problem, und | |
| zwar ein sehr viel Größeres als Oskar Lafontaine. Die AfD kommt besonders | |
| bei der ehemaligen Kernklientel der Linkspartei – Menschen in prekären | |
| sozialen Umständen – gut an. Bei den Landtagswahlen in | |
| Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gewann die AfD kürzlich über | |
| 40.000 ehemalige Wähler der Linkspartei. Das Problem dieser | |
| Wählerabwanderung teilt die Linkspartei mit anderen Parteien, genauso wie | |
| die Ratlosigkeit, wie man diese Wähler zurückgewinnt. | |
| Sahra Wagenknecht glaubt, eine Antwort gefunden zu haben und bezieht | |
| Positionen, die andockbar sind: die Sorge um Recht und Ordnung in Zeiten | |
| von Einwanderung, die Furcht vor Lohndumping und die Konkurrenz auf dem | |
| Wohnungsmarkt. | |
| ## Kritik aus allen Flügeln | |
| Kritik erntet Wagenknecht in ihrer Partei aus allen Flügeln, am | |
| deutlichsten jedoch von den sogenannten Reformern, der pragmatischen | |
| Strömung. Er halte es für falsch, nur darauf zu schielen, wie man | |
| AfD-Wähler zur Linkspartei holt, sagt Heilig, der auch einer der Sprecher | |
| des Forums demokratischer Sozialismus (fds) ist. „Die Linke konkurriert mit | |
| der AfD nicht um Wähler.“ Dass sich die Linkspartei mit AfD-Politikern | |
| auseinandersetzen müsse, sei dagegen unumgänglich: „Die AfD ist in mehrere | |
| Landtage eingezogen. Sie ignorieren und sich wegducken geht nicht.“ | |
| Die Frage ist also, wie man sich der AfD stellt. „Die Auseinandersetzung | |
| mit der AfD kann man an anderer Stelle führen, und zwar auf Podien und in | |
| den Parlamenten“, sagt Wawzyniak zur der taz. | |
| Die Parteivorsitzende Katja Kipping springt Wagenknecht dagegen bei. Links | |
| zu sein heiße, Rassisten Paroli zu bieten. „Insofern ist es für uns | |
| selbstverständlich, das Streitgespräch mit der AfD zu suchen und ihr wo | |
| immer es geht, zu sagen: Ihr verkörpert soziale Kälte“, so Kipping | |
| gegenüber der taz. | |
| Eine neuerliche Auseinandersetzung über Sahra Wagenknecht käme der | |
| Linkspartei denn auch mehr als ungelegen. Die mediale Frontfrau hatte sich | |
| im Frühjahr mit Äußerungen zum Gastrecht und Kapazitätsgrenzen nach vorn | |
| gewagt, was ihren Kovorsitzenden Dietmar Bartsch und die beiden | |
| Parteivorsitzenden nach außen zu verschwiemelten Distanzierungsversuchen | |
| nötigte und in der Fraktion für erhitzte Debatten sorgte. | |
| ## Personalfragen bremsen Inhaltsfragen | |
| Auch die gegenwärtige Diskussion über eine mögliche Spitzenkandidatur des | |
| Duos Wagenknecht/Bartsch bremst die Linkspartei aus. „Es liegt noch immer | |
| kein Papier für unsere Wahlkampfstrategie vor, und es ist noch kein Wort | |
| geschrieben für ein Wahlprogramm zur Bundestagswahl. Und was machen wir? | |
| Wir streiten ums Personal. Und das auch noch schön öffentlich“, beklagte | |
| Luise Neuhaus-Wartenberg, ebenfalls Bundessprecherin des fds, am Wochenende | |
| vor Mitgliedern. | |
| Lafontaine ist dagegen schon im Wahlkampfmodus. Im Saarland wird im März | |
| gewählt, es scheint fast ausgemacht, dass er Spitzenkandidat der | |
| Linkspartei wird. Seine taz-Beschimpfung ist daher nicht nur eine | |
| ritterliche Geste gegenüber seiner Ehefrau, sondern der Versuch, eine | |
| Wählerwanderung zur AfD zu verhindern. Denn ein gutes Wahlergebnis der AfD | |
| würde die realistische Chance auf ein Bündnis mit der SPD zunichte machen. | |
| Oskar Lafontaine mochte sich auf Nachfragen der taz nicht äußern, sondern | |
| [7][setzte auf seiner Facebookseite nach]: „Wo bleiben die Gegenargumente?“ | |
| Aber lange geplante Gesprächstermine lässt er nicht platzen. „Oskar | |
| Lafontaine ist nach wie vor bereit, der taz ein Interview zu geben“, teilt | |
| sein Sprecher mit. Ende Oktober soll es so weit sein. | |
| 5 Oct 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Interview-mit-Wagenknecht-und-Petry/!5340887 | |
| [2] https://www.facebook.com/oskarlafontaine/photos/a.198567656871376.47953.188… | |
| [3] https://www.facebook.com/sahra.wagenknecht/posts/1435832336434159 | |
| [4] https://twitter.com/Petra_Sitte_MdB/status/783349850557575168 | |
| [5] https://twitter.com/Halina_Waw/status/783196935687663616 | |
| [6] https://twitter.com/peter_simone/status/783014912985563136 | |
| [7] https://www.facebook.com/oskarlafontaine/photos/a.198567656871376.47953.188… | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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