# taz.de -- Beschwerde über schlechte Versorgung: Warten auf den Krankenwagen | |
> Eine querschnittsgelähmte Frau soll im UKE erst nach fünf Stunden vom | |
> Transport abgeholt worden sein. Das Klinikum bestreitet Exklusivverträge | |
> mit Anbietern. | |
Bild: Zwei Krankentransporter vor der Notaufnahme des Universitätsklinikums Ha… | |
Alle Parteien der Bürgerschaft, diverse Kassen und Rettungsdienste und der | |
Vorstand des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) erhielten dieser Tage | |
Post von Manfred Fenn. Darin beschwert sich der Betriebswirt über die | |
Behandlung seiner querschnittsgelähmten Mutter im UKE. Nur anderthalb | |
Stunden habe ihr ambulanter Termin am 21. September in der Hautklinik | |
gedauert. Gegen 14.30 Uhr hätten Mitarbeiter einen Krankentransport | |
angefordert. Doch der Wagen, der die ältere Dame in ihr Altersheim fahren | |
sollte, „traf erst um ca. 20 Uhr ein“. | |
Solange habe seine Mutter – die sonst auf einem Spezialbett mehrfach | |
täglich umgebettet werden muss – auf einer harten Liege gelegen. Sie habe | |
weder Essen bekommen noch ihre Medikamente. Mitarbeiter der Station hätten | |
ihm gesagt, sie seien verpflichtet, ein Fahrzeug der Firma Gard | |
anzufordern. Auch sei seine Mutter kein Einzelfall: Weil Fahrzeuge fehlten, | |
würden Patienten bis zu zehn Stunden warten. | |
Fenn bittet nun alle Stellen aufzuklären, ob und wieso es zu so einer | |
Verpflichtung gekommen sei, und ob es stimme, dass auch andere Kliniken | |
verpflichtet sind, nur dort Wagen zu bestellen. | |
Das UKE dementiert das. „Den konkreten Fall untersuchen wir zurzeit“, | |
schreibt Sprecherin Saskia Lemm. Fünf Stunden Wartezeit seien „nicht die | |
Regel“. Das UKE führe Patiententransporte nicht ausschließlich mit der | |
Firma Gard durch. Die Mitarbeiter könnten auch auf andere Anbieter | |
zurückgreifen. Auch die fürs UKE zuständige Wissenschaftsbehörde beteuert: | |
„Exklusivverträge gibt es nicht“. | |
Die Firma Gard schreibt zu der von Fenn geschilderten fünf Stunden | |
Wartezeit: „Das können wir so nicht bestätigen.“ Richtig sei jedoch, dass | |
die Kunden an diesem Tag bereits bei der Anmeldung auf lange Wartezeiten | |
hingewiesen wurden. „An jedem Tag war ein extrem hohes Transportaufkommen“, | |
sagt Sprecher Christoph Lippay. | |
Viele Anbieter hätten Anfragen ablehnen müssen. Gefragt, ob die Firma mit | |
Kliniken Verträge oder Absprachen getroffen habe, nur bei ihr Fahrzeuge zu | |
bestellen, antwortet der Sprecher: „Dies ist nicht zutreffend. Es handelt | |
sich um reguläre Dienstleistungsverträge. Generell obliegt es dem Kunden | |
beziehungsweise Patienten, welchen Krankentransportdienstleister er | |
bevorzugt beauftragt.“ | |
Bei den Kassen stößt der Vorgang auf Interesse. „Wir kennen den | |
geschilderten Fall nicht“, sagt Maren Puttfarcken von der Techniker | |
Krankenkasse Hamburg. Doch es wäre „weder sinnvoll noch zielführend, dass | |
einzelne Kliniken mit nur einem Anbieter für Krankenwagen | |
zusammenarbeiten“. Die Stadt habe über 30 Anbieter und genügend Wagen auf | |
der Straße. „Dennoch ist die gegenwärtige Praxis nicht optimal“, sagt | |
Puttfarcken. So müsse im Prinzip jeder Anbieter eine Leitstelle für die | |
Einsätze betreiben. Um Wartezeiten zu vermeiden – 60 Minuten gelten als | |
Richtwert –, könnte eine zentrale Einsatzkoordinierung die Lösung sein. | |
Andere Städte wie Köln haben so eine Zentrale. Auch Hamburg könnte sie | |
einführen, steht doch eine Novelle des entsprechenden | |
Rettungsdienstgesetzes an. Doch nach Auskunft der Innenbehörde ist | |
lediglich eine zentrale Leitstelle für die Notfallrettung geplant. Den | |
Krankentransport will man offenbar dem Markt überlassen. | |
Manfred Fenn bleibt bei seiner Schilderung. „Ich weiß, was ich erlebt | |
habe“, sagt er. „Leid tun mir die Schwestern und Ärzte, die die Klagen der | |
Patienten ertragen und zusätzlich Zeit opfern müssen.“ Immerhin nimmt sich | |
der FDP-Politiker Wieland Schinnenburg der Sache an. In einer Anfrage an | |
den Senat fragt er, welche Transportfirmen das UKE in 2015 und 2016 wie oft | |
beauftragte und wie oft ein Patient über eine Stunde warten musste. | |
3 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Patientenrechte | |
Krankenhäuser | |
UKE | |
Leben mit Behinderung | |
Feuerwehr | |
Techniker Krankenkasse | |
Geburt | |
Flüchtlinge | |
Universitätsklinikum | |
Mindestlohn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Exklusion in Schleswig-Holstein: Kurklinik lehnt behindertes Kind ab | |
Eine auf das Down-Syndrom spezialisierte Kurklinik will eine Familie nicht | |
aufnehmen, weil der Sohn das Down-Syndrom hat. Zu betreuungsintensiv, sagt | |
die Klinik. | |
Gerangel im Gesundheitsmarkt: Auf dem Rücken des Patienten | |
Die Krankentransporte des Hamburger Uni-Klinikums koordiniert die | |
Tochterfirma eines Krankenwagenbetreibers. Dass der davon exklusiv | |
profitiert, wird aber bestritten | |
Betrugsvorwurf an Krankenkassen: Mehr Diagnosen, mehr Geld | |
Viele Kassen wollen Ärzte dazu bringen, für Patienten möglichst viele | |
Diagnosen zu dokumentieren. Denn dann gibt es mehr Geld. Experten halten | |
das für kriminell. | |
Aus eigener Kraft gebären: Mama ist nicht schuld | |
Zu alte, zu ängstliche Mütter: So wurde lange die hohe Kaiserschnittrate | |
begründet. Dabei entscheiden Ärzte, wie ein Kind zur Welt kommt | |
Geschäfte mit der Leichenschau: Der Tod schläft nie | |
Bremen will seinen amtsärztlichen Umgang mit Toten reorganisieren. Dabei | |
wird getrickst und gekämpft – zugunsten Hamburgs. Und zum Nachteil von | |
Hannover. | |
Altersbestimmung bei Flüchtlingen: Schwanz bleibt Schwanz | |
Genitaluntersuchungen sollen in Hamburg weiter zur Altersbestimmung | |
jugendlicher Flüchtlinge gehören. Rot-Grün will das nicht ändern. | |
Warnstreiks im UKE: Zweiklassengesellschaft im Klinikum | |
Das UKE weigert sich, für Angestellte ausgelagerter Tochtergesellschaften | |
Tarifverträge abzuschließen. Am Montag kam es deshalb zu Warnstreiks. | |
Samaritern droht Billiglohn: Retter in Not | |
Sanitäter des Rettungsdienstes des Arbeiter-Samariter-Bundes streiken für | |
einen Tarifvertrag. Sie fürchten, in Zukunft weniger Geld zu verdienen. |