# taz.de -- Samaritern droht Billiglohn: Retter in Not | |
> Sanitäter des Rettungsdienstes des Arbeiter-Samariter-Bundes streiken für | |
> einen Tarifvertrag. Sie fürchten, in Zukunft weniger Geld zu verdienen. | |
Bild: Wegen Warnstreiks nicht im Dienst: Rettungswagen des Arbeiter-Samariter-B… | |
HAMBURG taz | Die Vision: In St. Georg grinsen von Wahlplakaten die | |
Konterfeis von SPD-Lokalmatador Johannes Kahrs und | |
SPD-Bundeskanzler-Kandidat Peer Steinbrück: „Mit uns nix unter 8,50 Euro | |
Mindestlohn!“ Die Realität: Nur eine Bahnstation weiter in Hammerbrook | |
demonstrieren NotfallhelferInnen des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) dafür, | |
dass sie sich nicht mit einem Stundenlohn von 8,47 Euro bei einer | |
45-Stunden-Woche abspeisen lassen wollen. Die Gewerkschaft Ver.di hat am | |
Dienstag die rund 130 Beschäftigten der ASB-Rettungsdienst GmbH zu einem | |
mehrstündigen Warnstreik aufgerufen, zu dem rund 60 Sanitäter und | |
Rettungsassistentinnen und ebenso viele Ehrenamtliche mit ihren | |
Rettungswagen vor der ASB-Zentrale erschienen sind. | |
Hintergrund sind die festgefahrenen Haustarifverhandlungen. Seit der ASB | |
den Rettungsdienst vor drei Jahren als GmbH in eine eigene Firma | |
outgesourct hat und aus dem Unternehmerverband „Arbeitsrechtliche | |
Vereinigung Hamburg“ (AVH) ausgetreten ist, fürchten die Sanitäter, dass | |
sie in Zukunft weniger verdienen. Die ehemaligen Stundenlöhne nach dem | |
AVH-Vertrag von 9,45 Euro für Notfallsanitäter und 10,47 Euro für staatlich | |
geprüfte Rettungsassistenten können bei künftigen Tariferhöhungen gedeckelt | |
werden. „Wir mussten uns überlegen, ob wir noch im Rettungsdienst tätig | |
bleiben wollten“, begründet ASB-Geschäftsführer Michael Sander die | |
Ausgliederung. | |
Denn im Gegensatz zu Niedersachsen und Schleswig-Holstein sei in der | |
Hansestadt die Finanzierungsfrage prekär. „Wir sind an Ver.di | |
herangetreten, um gemeinsam Wege zu finden, wie man aus der Misere kommt.“ | |
Deshalb zeigt sich Sander über den Warnstreik auch wenig erfreut, obwohl er | |
vielleicht, so Sander, „das Problem ins öffentliche Bewusstsein gerückt | |
hat“. Die Feuerwehr in Hamburg hat quasi das Monopol für den Rettungsdienst | |
und bekommt für einen Rettungswagen-Einsatz eine Pauschale von 341 Euro. | |
Das allerdings auch dann, wenn ein Notarztwagen (NEF) oder spezielles | |
Equipment eingesetzt werden muss. Die Hilfsorganisationen wie der ASB | |
müssen ihre Kosten jedoch über die Kosten-Ersatzverhandlungen mit den | |
Krankenkassen aushandeln. Selbst dann, wenn sie im Auftrag der Feuerwehr | |
fahren. | |
Denn über das Rettungsdienstgesetz sind die Hilfsorganisationen sehr wohl | |
in das Rettungssystem integriert. „Wir haben gerade am Stadtrand | |
Kooperationen mit den Hilfsorganisationen“, sagt Feuerwehr-Disponent Stefan | |
Trümpler. „Bei Bedarf sind die ASB-Einsatzfahrzeuge zwar im hoheitlichen | |
Auftrag unterwegs, rechnen die erbrachten Leistungen aber selber ab. Es | |
gibt eine eigene Finanzverantwortung“, sagt Trümpler. „Die Krankenkassen | |
werden nicht mehr zahlen, weil wir einen Tarifvertrag einführen“, begründet | |
ASB-Geschäftsführer Sander seine starre Haltung. Das sieht | |
Ver.di-Verhandlungsführer Norbert Proske anders. Es gebe im Norden durchaus | |
Erfahrungen, dass die Krankenkassen bei Vorlage eines Tarifvertrages die | |
soziale Komponente bei der Kostenerstattung nicht ignorieren könnten. | |
Im Bereich der Pflege gebe es zwischen Ver.di und dem ASB bereits einen | |
Tarifvertrag. „Diese Ungleichbehandlung der ASB-Beschäftigung ist nicht | |
gerechtfertigt und entspricht auch nicht der Qualifikation der | |
Beschäftigten im Rettungsdienst“, sagt Norbert Proske. Ver.di erwarte vom | |
ASB die Anerkennung und Bezahlung von Tariflöhnen auch im Rettungsdienst, | |
so Proske, „die dem sozialpolitischen Anspruch des ASB und der | |
anspruchsvollen und qualifizierten Arbeit im Rettungsdienst gerecht wird.“. | |
10 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
## TAGS | |
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