# taz.de -- Debatte um Vollverschleierung: Merkel will Burka-Verbot light | |
> Wo endet sie, wo fängt sie an? Bei einer Konferenz zur Religionsfreiheit | |
> erinnerte Merkel auch die Deutschen an das Grundrecht. | |
Bild: Eine Frau mit Niqab. Um ein Verbot der Vollverschleierung wird immer wied… | |
BERLIN epd | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bedeutung der | |
Religionsfreiheit unterstrichen und vor diesem Hintergrund Besonnenheit in | |
der Islam-Debatte gefordert. „Freiheitsrechte schützen auch die Freiheit, | |
anders zu sein, als die Mehrheit es sich wünscht oder vorstellt“, sagte sie | |
bei einer internationalen Parlamentarierkonferenz zur Religionsfreiheit am | |
Mittwoch in Berlin. Sie warb dabei für ein moderates Burka-Verbot, lehnte | |
eine pauschale Untersagung der Vollverschleierung aber ab und sprach sich | |
für islamischen Religionsunterricht aus. | |
Beim Burka-Verbot setze sie auf präzise Handlungsvorgaben für die Bereiche, | |
„in denen eine Vollverschleierung nicht geboten ist, beispielsweise im | |
öffentlichen Dienst oder vor Gericht“, sagte Merkel. Gleichzeitig betonte | |
die Regierungschefin: „Ich halte eine Vollverschleierung für ein großes | |
Hindernis bei der Integration.“ Wenn das Gesicht im Verborgenen bleibe, | |
seien die Möglichkeiten des Kennenlernens stark eingeschränkt. | |
Einschränkungen der Religionsfreiheit könnten sich aber nur aus der | |
Verfassung selbst ergeben – „also wenn die Grundrechte Dritter, | |
Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang oder die staatliche Neutralität | |
gegenüber den Religionen verletzt werden“, sagte Merkel. | |
Die Kanzlerin sprach sich zudem für fundierte religiöse Bildung aus. „Ich | |
befürworte den bekenntnisorientierten schulischen Religionsunterricht, wie | |
ihn die meisten Bundesländer in Deutschland vorsehen, zunehmend auch für | |
muslimische Kinder“, sagte Merkel. Der islamische Religionsunterricht, wie | |
es ihn unter anderem in Nordrhein-Westfalen gibt, steht derzeit wieder | |
verstärkt wegen der Rolle des Türkei-nahen Verbandes Ditib in der | |
Diskussion. | |
In ihrer Rede vor Parlamentariern aus aller Welt forderte Merkel Toleranz | |
gegenüber zunächst fremdem religiösen Verhalten. „Gelebte Vielfalt ist die | |
logische Konsequenz von Freiheit“, sagte sie. Vielfalt zurückzudrängen | |
hätte gravierende Folgen für die mühsam erstrittenen freiheitlichen | |
Prinzipien. „Ich kann nur davor warnen, mit vermeintlich einfachen Lösungen | |
das Rad der Zeit zurückzudrehen“, betonte Merkel. | |
## Kauder sieht Religionsfreiheit zunehmend gefährdet | |
Anlässlich der Konferenz in Berlin betonte auch der Vorsitzende der | |
Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), die Bedeutung der | |
Religionsfreiheit. Dies sei ein Schlüsselthema bei der Integration. Von | |
ihrer Einhaltung hänge ab, ob die verschiedenen Gruppen in einer | |
Gesellschaft friedlich miteinander leben könnten. | |
Kauder sagte, die Religionsfreiheit sei heute in mehr Regionen gefährdet | |
als früher. Verändert habe sich zudem, dass die Religionsfreiheit nicht | |
mehr nur durch Regierungen selbst, sondern besonders massiv dort | |
eingeschränkt werde, wo staatliche Gewalt nicht funktioniere. Zudem | |
beklagte er, bei den Vereinten Nationen falle es immer schwerer, mit dem | |
Thema Religionsfreiheit durchzudringen. Die Konferenz in Berlin lenkte den | |
Blick vor allem auf Länder und Regionen der Welt, in der gleiche Rechte für | |
verschiedene Religionsgemeinschaften nicht selbstverständlich sind. | |
„Wir sind überzeugt, dass es ohne Religionsfreiheit keine Freiheit geben | |
kann und ohne Freiheit keinen Frieden“, betonte der Vorsitzende der | |
Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Gert Pöttering (CDU). Die CDU-nahe | |
Organisation hat die Internationale Parlamentarierkonferenz mit mehr als | |
100 Teilnehmern aus 45 Ländern maßgeblich organisiert. Die | |
Parlamentariergruppe ist ein loser Zusammenschluss von Abgeordneten aus | |
aller Welt, die für einen besseren Schutz der Glaubensfreiheit kämpfen. Die | |
erste Konferenz des Zusammenschlusses fand vor drei Jahren in Oslo statt. | |
14 Sep 2016 | |
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