# taz.de -- Proteste in Polen: Freiheit, Gleichheit und Demokratie! | |
> Zehntausende gehen am Wochenende erneut gegen die nationalpopulistische | |
> PiS-Regierung auf die Straße. Auch Ärzte und Lehrer marschieren mit. | |
Bild: Protestieren macht müde: Kurze Verschnaufpause am Samstag in Warschau | |
Warschau taz | Polens nationalpopulistische Regierungspartei Recht und | |
Gerechtigkeit (PiS) wird immer nervöser. Denn die Straßenproteste, | |
Demonstrationen und Streiks lassen nicht nach, wie PiS-Chef Jaroslaw | |
Kaczynski gehofft hatte. „Mehr Lohn“, forderten am Wochenende knapp 8.000 | |
junge Ärzte, Krankenschwestern und Rettungssanitäter. „Nein zum Chaos in | |
der Schule“ protestierten Tausende Eltern und Lehrer gegen die Abschaffung | |
der Mittelschule. | |
Schwarzgekleidete junge Frauen skandierten „Retten wir die Frauen!“ und | |
schwenkten Drahtkleiderbügel aus Protest gegen das totale | |
Abtreibungsverbot, das Polens Parlament in erster Lesung angenommen hat. | |
Insgesamt beteiligten sich am Wochenende wieder bis zu 40.000 Menschen an | |
den Protesten gegen die PiS-Regierung. | |
Längst ist das Komitee zu Verteidigung (KOD) zur wichtigsten | |
außerparlamentarischen Protestbewegung aufgestiegen. Am Samstag startet der | |
Marsch erneut vor dem Verfassungsgericht. | |
In der Vergangenheit hatten Regierungspolitiker und ihre Anhänger hier die | |
Opposition als „Kommunisten und Verbrecher“ diffamiert, als | |
„Volks-Schädlinge“ oder gar „Schweine, die ihren Trögen nachtrauern“.… | |
Samstag rufen die KOD-Demonstranten vor dem Verfassungsgericht alle Polen | |
dazu auf, sich nicht weiter spalten zu lassen: „Wir sind ein Volk!“, | |
skandieren sie. „Verteidigen wir die Verfassung!“ | |
## „Freiheit, Gleichheit, Demokratie“ | |
Von einem kleinen Podium aus erläutert der 48-jährige Informatiker und | |
KOD-Gründer Mateusz Kijowski: „Wir können unterschiedlicher Meinung sein. | |
Das ist normal. Ohne Pluralismus gibt es keine Demokratie und keine | |
Zivilgesellschaft. Aber wir sollten uns nicht spalten lassen und uns dann | |
wie Feinde bekämpfen!“ Die Zuhörer skandieren „Freiheit, Gleichheit, | |
Demokratie“, schwenken EU-Flaggen und reimen „Polska w Unii, jestesmy z | |
tego dumni“ – „Polen in der EU, darauf sind wir stolz!“ | |
Kijowski wartet einen Moment, bis die Menge eine kleine Pause macht: „Wir | |
lehnen die Hasssprache ebenso ab wie die Behauptung, dass nur „echte Polen“ | |
ein Recht darauf hätten, historische Feiertage in Polen zu begehen.“ Immer | |
mehr Menschen stoßen zu der Demonstration. Viele tragen die weiß-rote | |
Nationalflagge Polens, die EU-Flagge oder auch weiße Fahnen mit dem | |
Schriftzug des Komitees zur Verteidigung der Demokratie mit Ortzusatz – | |
„Bialystok“, „Gdansk“, „Opole“, „Krakow“, „Zielona Gora“. | |
Auch prominente Freiheitskämpfer aus der Solidarność-Zeit der 1980er Jahre | |
haben sich KOD angeschlossen. Darunter der Chefredakteur der linksliberalen | |
Tageszeitung Gazeta Wyborcza, Adam Michnik. Er saß in der Zeit der | |
Volksrepublik viele Jahre im Gefängnis. | |
Michnik warnte die PiS-Regierung vor weiteren Verletzungen der Verfassung. | |
Das KOD wolle die Regierung nicht stürzen, sondern erreichen, dass die | |
demokratisch gewählten PiS-Politiker „das Recht und die Verfassung | |
respektieren“. „Sollte die Regierung das Recht weiter brechen und Polen | |
international isolieren, muss sie bei den nächsten demokratischen Wahlen | |
abgewählt werden.“ | |
25 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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