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# taz.de -- Ermittlungen im Oktoberfest-Attentat: Der Verfassungsschutz ist unw…
> Die Mithilfe des Geheimdienstes bei neuen Ermittlungen zum
> Oktoberfestattentat bleibt verhalten. Auch die Bundesregierung verweigert
> Auskünfte.
Bild: 34 Jahre nach dem Anschlag sieht es erst einmal ruhig aus
BERLIN taz Es war eine kleine Sensation: Im Dezember 2014 rollte die
Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zum Münchner Oktoberfestattentat neu
auf – 34 Jahre nach dem Anschlag, bei dem 13 Menschen starben. Eine neue
Zeugin hatte sich gemeldet. Seitdem durchforsten die Ermittler Tausende
Akten, befragen Augenzeugen, sichten Fotos.
Auch BND und Verfassungsschutz bat die Bundesanwaltschaft, nochmals alle
Akten zu durchforsten. Schon länger hält sich der Verdacht, dass V-Leute
mehr über die Tat wussten.
Als Täter ermittelt wurde bisher nur der Neonazi Gundolf Köhler, der bei
der Tat starb. Während der BND alle Akten lieferte, lässt sich der
Verfassungsschutz bis heute Zeit. Von 35 Akten, die der Geheimdienst als
relevant identifizierte, übersandte er bisher 14 „tabellarische
Inhaltsübersichten“ nach Karlsruhe – gut anderthalb Jahre nach der Anfrage.
Die restlichen 21 würden „demnächst“ geliefert, heißt es in einer Antwort
des Bundesjustizministeriums auf eine Linken-Anfrage.
Bei der Bundesanwaltschaft hält man sich mit Kritik zurück. Solche
Zusammenstellungen dauerten, sagt eine Sprecherin. Für die
Linken-Innenexpertin Martina Renner ist es dagegen „völlig unverständlich,
warum der Generalbundesanwalt sich solch eine Verschleppungstaktik des
Verfassungsschutzes bieten lässt“. Zumal sich auch beim Thema V-Leute
nichts tue. Deren Offenbarung war „bisher nicht Gegenstand von Anfragen des
Generalbundesanwalts“, so das Justizministerium. Das sei „nicht
nachvollziehbar“, kritisiert Renner.
## Ein Mitwisser und V-Mann
Als möglicher Mitwisser – und V-Mann – gilt der Rechtsextremist Heinz
Lembke, bei dem 1981 Waffen- und Sprengstoff gefunden wurden. Lembke nahm
sich vor seiner Vernehmung das Leben. Auch Mitglieder der Wehrsportgruppe
Hoffmann, zu der Köhler Kontakt hatte, stehen unter Verdacht, gespitzelt zu
haben.
Die Bundesregierung verweigert dazu bis heute Auskünfte: Der Schutz der
V-Leute und der Nachrichtendienste stehe vor dem Informationsanspruch des
Parlaments. Aus der Bundesanwaltschaft heißt es, man werde „zu gegebener
Zeit“ prüfen, ob eine Offenlegung nötig sei. Allen Ansatzpunkten werde
„umfassend nachgegangen“.
Bisher haben die Ermittler mehr als 100 Augenzeugen und 190 damalige
Polizisten erneut vernommen. Mehr als 400 neue Beweisgegenstände wurden
untersucht, 157.000 Aktenseiten zusammengetragen. Mageres Zwischenfazit:
Ein „stimmiges Gesamtbild“ ergebe sich nicht.
Auch die Aussagen der neuen Zeugin hätten sich „im Kern nicht bestätigt“.
Diese hatte einen früheren Kommilitonen als Mitwisser der Anschlagspläne
benannt: In dessen Spind habe sie einen Tag nach dem Attentat zwei Pistolen
und Flugblätter gefunden. Das, so die Ermittler, hätte sich nicht
verifizieren lassen. Auch habe die zeitliche Zuordnung nicht gestimmt. Auch
die Angaben einer Krankenschwester, die behauptete, einen sonderbaren Mann
in einem Hannoveraner Krankenhaus behandelt zu haben, dem eine Hand fehlte,
führten nicht weiter. Am Tatort wurde damals eine Hand gefunden, die sich
bis heute niemanden zuordnen lässt.
15 Sep 2016
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Oktoberfest
Wiesn-Attentat
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