# taz.de -- BVerfG zum Oktoberfestattentat: „Staatswohl“ hat Vorrang | |
> Musste Auskunft über V-Leute gewährt werden? Infos zum | |
> Oktoberfestattentat wurden teils zu Unrecht verweigert, meint Karlsruhe. | |
Bild: Denkmal zum Oktoberfestattentat in München | |
Freiburg taz | Die Bundesregierung kann bei Fragen zu V-Leuten in der Regel | |
die Auskunft verweigern. Nur wenn der V-Mann nicht mehr lebt oder keine | |
Enttarnung droht, muss die Regierung ausnahmsweise doch antworten. Das hat | |
jetzt der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden. | |
Konkret ging es um die mögliche Verwicklung von V-Leuten in das Attentat | |
auf das Münchener Oktoberfest 1980, bei dem 13 Menschen starben. Als | |
Alleintäter gilt bisher der Rechtsextremist Gundolf Köhler, der allerdings | |
Verbindungen zur Wehrsportgruppe Hoffmann hatte. | |
Im Dezember 2014 nahm der Generalbundesanwalt die Ermittlungen neu auf, | |
nachdem eine Theologin Hinweise auf einen möglichen Mittäter gab. | |
Inzwischen hatte sich allerdings herausgestellt, dass sich die Theologin in | |
ihrer Erinnerung um ein Jahr vertan hat und an der neuen Spur nichts dran | |
war. | |
Grüne und Linke nutzten aber das neue Interesse am Oktoberfestattentat, um | |
die Regierung zu fragen, ob etwa V-Leute der Nachrichtendienste in das | |
Attentat verwickelt oder zumindest bei der Wehrsportgruppe Hoffmann aktiv | |
waren. Immerhin wurde zu dieser Zeit im Bundestag auch ein Gesetz | |
beschlossen, das V-Leuten die Begehung bestimmter Straftaten ausdrücklich | |
erlaubte. Als die Regierung die Antwort auf Fragen mit Geheimdienstbezug | |
pauschal verweigerte, erhoben die beiden Oppositionsfraktionen Organklage | |
beim Bundesverfassungsgericht. | |
## Waffenbeschaffer der damaligen Rechtsterroristen | |
Karlsruhe entschied nun, dass die Regierung die Auskunft über V-Leute | |
verweigern kann, wenn das „Staatswohl“ oder Grundrechte der V-Leute Vorrang | |
haben. Das Staatswohl wäre gefährdet, wenn die Regierung | |
Vertraulichkeitszusagen bräche, denn dann würde sich niemand mehr für | |
Spitzeldienste gegen die eigene Szene bereit erklären. Außerdem könnten | |
enttarnten V-Leuten Racheakte drohen. | |
Ausnahmsweise müsse die Regierung aber doch Auskunft geben, so Karlsruhe, | |
wenn die Interessen des Parlaments überwiegen. Immerhin sei die Information | |
des Bundestags die Grundlage für eine wirkungsvolle demokratische Kontrolle | |
der Regierung. So darf die Regierung nicht die Auskunft verweigern, ob der | |
Neonazi Ernst Lembke V-Mann war. | |
Lembke galt als Waffenbeschaffer der damaligen Rechtsterroristen. | |
Möglicherweise hat er auch Köhler den Sprengstoff für das Attentat | |
beschafft. Da sich Lembke 1981 in der Untersuchungshaft erhängte, sei nun | |
keine Schutzbedürftigkeit der Information mehr ersichtlich. | |
Die Regierung muss auch mitteilen, wie viele V-Leute in der Wehrsportgruppe | |
Hoffmann eingesetzt waren. Bei 400 Mitgliedern drohe keine nachträgliche | |
Enttarnung. (Az.: 2 BvE 1/15) | |
18 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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