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# taz.de -- Kommentar Fehlerhafte Brustimplantate: Brüste auf dem Prüfstand
> Hersteller und TÜV weisen sich gegenseitig die Schuld zu. Doch auch
> Zertifizierer müssen haften, wenn sie Schäden an Produkten übersehen
> haben.
Bild: Wer haftet für kaputte Silikonkissen?
Achtung, das ist kein Kommentar über Brustformen, Schönheitsideale und
Körperpolitik. Hier geht es um Wirtschaftsrecht und den Versuch, in einer
hoch arbeitsteiligen Industriegesellschaft Sicherheit zu organisieren.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss darüber entscheiden, ob der TÜV für
fehlerhafte Brustimplantate haftet, die ein französisches Unternehmen
hergestellt hat. Natürlich muss zuerst das Unternehmen haften, aber das ist
pleite. Also versuchen betroffene Frauen, sich an den TÜV zu halten. Denn
der hat als Dienstleister das Unternehmen kontrolliert und ihm das
gewünschte Zertifikat ausgestellt, dass die Silikonbeutel den Anforderungen
entsprechen.
Der Rechtsstreit hat grundsätzliche Bedeutung. Denn Hersteller lehnen oft
auch eine Haftung ab (zum Beispiel für den Zustand von Fabriken in
Pakistan) und verweisen auf Zertifikate, die doch belegten, dass alles
sicher sei. Die Zertifizierer lehnen ihrerseits wiederum die Haftung ab und
verweisen auf den Hersteller. Tatsächlich haben die betroffenen Frauen,
wenn man beim Beispiel mit den Implantaten bleibt, ja keinen Vertrag mit
dem Zertifizierer. Bisher wirkte das alles wie organisierte
Unverantwortung.
Jetzt deutet sich endlich eine Wende an: Die EuGH-Generalanwältin Eleanor
Sharpston hält in ihrem Schlussantrag eine Haftung der Zertifizierer für
möglich und „angemessen“. Zwar ist sie vorsichtig. Prüfer wie der TÜV
müssten nur bei eigenem Verschulden haften und hätten keine Pflicht zu
verdachtlosen unangemeldeten Kontrollen. Aber wenn es einen Verdacht gebe
oder sogar offensichtliche Missstände, dann müssten sie dafür geradestehen,
dass die Produkte niemanden schädigen.
Es ist sehr zu hoffen, dass sich die Sichtweise Sharpstons am EuGH
durchsetzt. Denn dann haben VerbraucherInnen (und ArbeiterInnen) künftig
mehr Sicherheit. Es wäre ein weiterer Schritt zur Zähmung des Kapitalismus.
15 Sep 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Silikon
TÜV Rheinland
PIP
Europäischer Gerichtshof
Brustimplantate
Schwerpunkt Frankreich
Brustimplantate
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