# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Und ist das jetzt auch angekommen? | |
> Wir schmunzeln über die Technik-Nullcheckerhaftigkeit unserer Eltern. | |
> Aber wenn wir vor einem Faxgerät stehen, wissen wir nicht weiter. | |
Bild: „Papier behutsam einlegen“. Als ob das helfen würde! | |
Wenn ich mir vorstelle, dass mein Leben gar nicht echt ist, sondern nur | |
eine Inszenierung zu Ihrem Vergnügen, die „Michael Brake Show“ quasi, dann | |
weiß ich genau, welche Situationen die Regie als wiederkehrende | |
Slapstick-Elemente verwenden würde: Michael Brake beim Versuch, etwas an | |
seinem Fahrrad zu reparieren. Und Michael Brake beim Umgang mit Faxgeräten. | |
Bietet man mir etwa eine Adresssignatur mit mehreren Nummern an, rufe ich | |
zielgenau immer die Faxnummer als Erstes an. Fieääääp krietsch schrrrms – | |
schnell wieder aufgelegt. Peinlich. | |
Noch alberner: Michael Brake verschickt ein Fax. Weil das nur so alle paar | |
Jahre vorkommt, habe ich keine Routine, und das führt zu Angst, und dann | |
mache ich alles falsch. Das geht schon damit los, wie ich das Papier | |
einlegen muss: Inhalt oben oder unten? Man weiß es nicht. Nächstes Problem: | |
Muss ich eine Null vorweg wählen? Beim Telefon höre ich, ob ein Freizeichen | |
kommt. Hier nicht. Wieder Fifty-Fifty-Chance, also in der Theorie. In der | |
Realität eher so: Ninety-nine-One-Chance. | |
Dann wird natürlich das Papier niemals beim ersten Versuch sauber | |
durchgezogen. Und Übertragungsfehler gibt es auch noch. Jedes Mal fühle ich | |
mich wie in einer Kafka-Geschichte und bin mir sicher, dass ich dieses Fax | |
niemals versendet bekommen werde. Hat es dann irgendwie doch geklappt, | |
folgt die Angst, das Fax sei nicht angekommen. Ich möchte am liebsten auf | |
der anderen Seite anrufen: „Hallo, hier Brake (Menschen, die ein Faxgerät | |
besitzen, sprechen sich immer nur mit Nachnamen an), ist da gerade was aus | |
Ihrem Fax gekommen? Ja, das war von mir.“ | |
Es ist ein wenig albern: Ich glaube daran, dass Papier, das ich mit anderem | |
bunten Papier beklebe und in einen gelben Kasten schmeiße, spätestens am | |
übernächsten Tag bei der richtigen Person ist. Ich glaube daran, dass ich | |
durch den Klick auf eine virtuelle Schaltfläche mache, dass Menschen ganz | |
woanders den von mir getippten Text lesen können. Aber bei einem Fax fallen | |
mir hundert Schiefgehszenarien ein. | |
Vielleicht ist ja auf der anderen Seite die Patrone fast leer und man kann | |
gar nichts erkennen. Oder alle Zeilen wurden übereinander gedruckt. Oder | |
das Thermopapier hat sich so komisch aufgekringelt und ist hinter den | |
Gummibaum gerollt (neben jedem deutschen Firmenfaxgerät steht eine | |
immergrüne Büropflanze). Oder es ist erst gar kein Papier eingelegt. Oder | |
es ist gerade Betriebsfeier und Meyerdierks aus der Finanzbuchhaltung macht | |
aus den Faxen Konfetti, weil er zu viel von der Bowle getrunken hat. | |
Letztlich verhalte ich mich beim Faxen exakt so umständlich und stoffelig | |
wie meine älteren Verwandten beim Umgang mit dem Computer. Es ist nämlich | |
gar nicht so, dass die jüngeren Generationen irgendwie technikaffiner | |
seien. Wir haben nur andere Abläufe internalisiert und zu ihnen Vertrauen | |
aufgebaut. Ansonsten sind wir die gleichen Nullchecker wie alle anderen | |
auch. | |
Sie haben Anregungen oder Feedback zu dieser Kolumne? Fax an: 030-25177-38 | |
14 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Michael Brake | |
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