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# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: So schön bequem da
> Wer ist Schuld am Trump-Sieg? Klar, Facebook – das ist schön einfach und
> vor allem: stimmt immer. Aber eben auch nicht wirklich.
Bild: Will mit dem Wahlsieg von Trump nichts zu tun haben: Mark Zuckerberg
Trump wird Präsident – und bevor das ganze Ausmaß dieser Katastrophe
richtig einsickert, sucht man erst mal die Schuldigen. Schockreflex.
Besonders gern zeigt man dieser Tage auf: Facebook (wenn der Finger nicht
gerade auf den Wahlprognosen, dem FBI-Chef, elitären Linken oder
Breitbartruht). Der Vorteil von Facebook als Erklärung ist: stimmt fast
immer – schließlich haben die USA mehr Facebook-Nutzer als Wähler. Und 44
Prozent aller erwachsenen US-Amerikaner geben an, ihre Nachrichten über
Facebook zu beziehen.
Neu ist das nicht: Facebook ist es natürlich wumpe, welchen Content sie an
Mann und Frau bringen, Hauptsache, die Leute klicken. Weswegen Content
unbesehen in Trending Topics und Timeline gespült wird – egal, ob es sich
um seriöse Faktenchecks oder hanebüchene Falschmeldungen handelt.
Ein Grund von vielen, warum wir zunehmend in eine Art „Turmbau zu
Babel“-Situation reinschlittern, in der eine Verständigung jenseits der
eigenen Peer Group nicht mehr möglich scheint. Weil jeder nur die Angaben
glaubt, die ihm ins Weltbild passen. Oder, wie man im Bescheidwissersprech
jetzt sagt: postfaktisches Zeitalter.
Facebook geht es primär um das Verkaufen von Werbung und das Sammeln
möglichst vieler Datenpünktchen über ihre Nutzer. Die Firma hat keine
Skrupel gezeigt, den Newsfeed ihrer Nutzer zu frisieren, um positive oder
negative Emotionen zu stimulieren. Facebooks Algorithmen begünstigen das
Entstehen von Echokammern und Filterblasen, in denen die Leute nur noch
Inhalte sehen, die ihrer Meinung entsprechen – und sich so potenziell
radikalisieren.
Und sie reagieren nicht einmal ansatzweise so entschieden auf
Hassbotschaften wie auf blanke Nippel. Kritisiert man, was für einen
Quatsch sie in ihren Trending-Topics auflisten, feuern sie die dafür
zuständigen Redakteure und lassen Algorithmen übernehmen. Und zeigten schon
bei vergangenen US-Wahlen, wie sie Hunderttausende zusätzliche Wähler zur
Stimmabgabe motivieren können.
Die Verantwortung für die Macht zu übernehmen, die aus alledem erwächst,
davor weigert sich Facebook allerdings. So auch jetzt: Chef Zuckerberg etwa
stellte sich nach der Wahl ganz arglos, indem er es als „ziemlich verrückte
Idee“ bezeichnete, dass falsche News auf Facebook die US-Wahl beeinflusst
hätten.
Dass man jetzt Seiten, die Falschmeldungen verbreiten, [1][nicht mehr
werben lassen will, klingt ja nett]. Mehr als Kosmetik ist das aber nicht.
Schon klar, dass Facebook in einer Zwickmühle steckt: Einerseits soll es
inhaltliche Eingriffe vornehmen, andererseits die Grenze zur Zensur nicht
überschreiten. Nur: Dass es nicht die beste Idee ist, den Konzern einfach
mal machen zu lassen, hat spätestens die US-Wahl gezeigt.
Am Ende ist es aber so banal wie folgenlos: Mächtig sind soziale Netzwerke,
weil wir sie mächtig machen. Mögen manche einwenden, dass schon der Beruf
sie zwinge, dort angemeldet zu sein – es privat zu nutzen, sich darüber
Nachrichten einspielen zu lassen, dazu zwingt einen niemand. Das ist pure
Bequemlichkeit. Die man – willkommen im postfaktischen Zeitalter – noch
einmal gut überdenken sollte.
15 Nov 2016
## LINKS
[1] https://www.theguardian.com/technology/2016/nov/15/facebook-google-fake-new…
## AUTOREN
Meike Laaff
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