# taz.de -- SNP-Politikerin über den Brexit: „Wir haben Whisky“ | |
> Kirsty MacAlpine sieht ein Referendum über Schottlands Unabhängigkeit nur | |
> als letzten Schritt. Das Land solle sowohl in der EU als auch in | |
> Großbritannien bleiben. | |
Bild: Die Highland-Games sind schon voll europäisch: Dieses Jahr finden sie in… | |
taz: Frau MacAlpine, die Briten haben am 23. Juni für den Brexit gestimmt, | |
aber Schottland war mehrheitlich dagegen. Wann findet das nächste | |
Referendum zur schottischen Unabhängigkeit statt? | |
Kirsty MacAlpine: Unsere Parteichefin, die schottische Premierministerin | |
Nicola Sturgeon, versucht gerade auszuloten, ob Schottland sowohl in der EU | |
als auch im Vereinigten Königreich bleiben kann. | |
Wie soll das gehen? Es können sich doch nicht Teile eines Landes für die EU | |
und andere dagegen entscheiden? | |
Ich glaube das ja auch nicht. Aber wir müssen zumindest zeigen, dass wir | |
alles versucht haben. Ein neues Unabhängigkeitsreferendum ist nur der | |
letzte Schritt. Das kann nur anberaumt werden, wenn wir sicher sind, dass | |
wir es gewinnen. Wir können nicht zweimal verlieren, dann ist es vorbei. | |
Das hat das Beispiel Quebec gezeigt. | |
Das könnte ja noch viele Jahre dauern. | |
Ich hoffe nicht. Ich fürchte, dass in Vergessenheit geraten könnte, was die | |
EU für uns getan hat, wenn wir zu lange warten. Wir haben beim letzten | |
Unabhängigkeitsreferendum vor zwei Jahren den Fehler gemacht, dass wir uns | |
nicht genügend um die sogenannten weichen Neinsager gekümmert haben, also | |
um diejenigen, die eher halbherzig für den Verbleib im Vereinigten | |
Königreich waren. Doch zumindest ist damals durch die Debatten der | |
Grundstein gelegt worden für ein breiteres politisches Bewusstsein. | |
Aber sind die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Unabhängigkeit seit | |
dem Referendum vor zwei Jahren nicht eher schlechter geworden? Das | |
Nordsee-Öl zum Beispiel geht zur Neige. | |
Kleinere Länder können sich viel besser auf die Bedürfnisse der Menschen | |
einstellen. Die Schiffbauindustrie würde es noch geben, wenn die | |
schottische Regierung damals hätte entscheiden können. Wir haben Whisky, | |
Tourismus, und auch das Öl wird es noch eine ganze Weile geben. Und wir | |
können auf Windenergie setzen. | |
Hat sich der damalige britische Premierminister David Cameron zu sicher | |
gefühlt, als er das Brexit-Referendum anberaumte? Warum hat er damit nicht | |
bis nächstes Jahr gewartet, wie angekündigt, um mehr Zeit für | |
Überzeugungsarbeit zu haben? | |
Für Cameron war das Referendum ein Ärgernis, das er möglichst schnell aus | |
dem Weg haben wollte. Politiker in Schottland, Wales und Nordirland haben | |
davor gewarnt, das Referendum so kurz nach den Regionalwahlen vom Mai 2016 | |
abzuhalten. Es gab auch den Vorschlag, das Referendum so zu formulieren, | |
dass jeder Teil des Vereinigten Königreiches einem Brexit zustimmen muss. | |
Das lehnte die Londoner Regierung ab. Cameron hatte keinen Plan, weil er | |
mit diesem Ergebnis nicht gerechnet hatte. | |
Haben Sie mit dem Brexit gerechnet? | |
Wir konnten erst nach den Regionalwahlen mit der Kampagne beginnen, uns | |
blieben also nur sechs Wochen. In Glasgow Central haben 71 Prozent für den | |
Verbleib gestimmt, in allen 32 Wahlkreisen Schottlands war die Stimmung | |
gegen Brexit überwältigend. Den schottischen Wählern sind die Vorteile der | |
EU viel besser erklärt worden. Als Ukip-Chef Nigel Farage kurz nach Beginn | |
der Auszählung die Niederlage eingestand, war ich noch sicher, dass der | |
Brexit verhindert würde. | |
Wie geht es weiter? | |
Das weiß niemand. Sowohl bei den Tories als auch bei Labour ist nach dem | |
Brexit-Votum das Chaos ausgebrochen. Bei den Tories war es allerdings kurz | |
und blutig, und nun sind sie alle wieder Freunde. Bei Labour geht es | |
weiter, und es droht eine Spaltung beim Parteitag Ende September. Aber wann | |
und wie der Artikel 50 ausgelöst werden soll, der die | |
Austrittsverhandlungen in Gang setzt, weiß man nicht. Es scheint auch | |
keinen Plan zu geben, oder zumindest wird er den Menschen nicht verraten. | |
10 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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