| # taz.de -- Ungenutzte Jobcenter-Gelder in Bremen: Seid verschenkt, Millionen! | |
| > Auch 2016 fließt viel Fördergeld an den Bund zurück. Die Jobcenter sagen, | |
| > ihnen seien die Hände gebunden. Das könne nicht sein, sagt die | |
| > Arbeitnehmerkammer Bremen. | |
| Bild: Wer Hartz IV beantragt, wird in Bremen deswegen noch lange nicht geförde… | |
| BREMEN taz | Asterix und Obelix suchten einst in einer Dada-Behörde nach | |
| dem Passierschein A 38, um Rom zu erobern. Das war eine sinnlose und | |
| unlösbare Aufgabe in einem antiken Amt mit dem Namen „Haus, das Verrückte | |
| macht“. Ähnliche ratlos wie die Gallier auf der Suche nach A 38 waren die | |
| Wirtschaftsdeputierten vergangene Woche. Sie fragten sich, wie man | |
| verhindern kann, dass die Jobcenter zur Arbeitsmarktförderung gedachte | |
| Millionen zurück an den Bund schickten. | |
| Rechnet man die Zahlen von Anfang Juli 2016 hoch, kommt man auf circa 14 | |
| Millionen Euro, die die Jobcenter verfallen lassen – Geld, dass in einem | |
| Land mit hoher Arbeitslosigkeit wie Bremen gut aufgehoben wäre. | |
| ## Ein bundesweites Problem | |
| In den hiesigen Jobcentern weiß man natürlich um das Problem. Der Grund für | |
| die Nicht-Ausschöpfung sei unter anderem, dass die Mittel zu spät durch den | |
| Bund zur Verfügung gestellt würden, sagt Susanne Ahlers, Geschäftsführerin | |
| des Jobcenters Bremen: „Die Bundesgesetzgebung ist schuld. Wir haben | |
| bereits sieben Millionen Euro mehr ausgegeben als im letzten Jahr.“ | |
| Aufgrund des auf ein Jahr beschränkten Haushalts könne das Jobcenter das | |
| Geld nicht mit ins nächste Geschäftsjahr nehmen. Rechtlich darf das | |
| Jobcenter laut Ahlers keine Maßnahme finanzieren, die noch ins Jahr 2017 | |
| reicht – ein bundesweites Problem. | |
| Schon länger fordern die Jobcenter deshalb mehrjährige Haushalte, um | |
| langfristige Maßnahmen planen zu können. Stattdessen sei man nun darum | |
| bemüht, 2016 noch möglichst viele Maßnahmen zu finanzieren. | |
| ## „Nachplanungen“ in Bremerhaven | |
| In Bremerhaven ist die Situation noch dramatischer: Dort hatte man Anfang | |
| Juli erst ein Drittel der Mittel ausgeschöpft und versucht jetzt, noch | |
| möglichst viel Geld auszugeben: „Wir fördern alles, was rechtlich möglich | |
| ist und halbwegs Sinn macht“, sagte Udo Bartau vom Jobcenter Bremerhaven. | |
| Durch diverse „Nachplanungen“ könne man nach aktuellen Berechnungen die | |
| Ausschöpfungsquote deutlich steigern: „Wir wollen dieses Jahr bei 91 | |
| Prozent landen.“ Selbst dann gingen immer noch 1,5 Millionen Euro zurück an | |
| den Bund. | |
| Aber Bartau sagt auch: „Wir beglücken viele Leute mit Angeboten, die sie | |
| nicht haben wollen. Es wird Mitwirkungsverweigerung geben, die Sanktionen | |
| nach sich ziehen werden.“ Er meint damit 1-Euro-Jobs und unbeliebte | |
| Aktivierungsmaßnahmen wie etwa ein drittes Bewerbungstraining für jemanden, | |
| der keine Lust darauf hat – durchgesetzt mit Zwang und Androhung von | |
| Sanktionen. | |
| ## Das gleiche Problem wie 2014 | |
| Ideen, welche Maßnahmen sinnvoll wären, hat Regine Geraedts, Referentin | |
| der Arbeitnehmerkammer für Arbeitsmarkt und Beschäftigungspolitik: | |
| „Abschlussbezogene Weiterbildung muss stärker gefördert werden.“ Die | |
| Arbeitnehmerkammer fordert, dass Maßnahmen, an deren Ende ein | |
| Berufsabschluss steht, für Arbeitslose durch eine bessere Vergütung und | |
| längere Ausbildungszeiten attraktiver gemacht werden. | |
| Die Gefühlslage der Politik angesichts des verschenkten Geldes brachte | |
| Klaus-Rainer Rupp, Wirtschaftspolitiker der Linkspartei, auf den Punkt: | |
| „Ich bin ratlos und sauer.“ Er fordert schon jetzt „Fantasie“ von den | |
| Jobcentern, um etwa 2017 auf eine ähnliche Situation besser reagieren zu | |
| können: „Welche Instrumente kann die Politik schaffen, um dabei zu helfen? | |
| Das Problem gibt es nicht zum ersten Mal.“ Bereits 2014 hatte Bremen 4,4 | |
| Millionen Euro nicht genutzt. | |
| 16 Aug 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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