| # taz.de -- Kommentar Migration und Arbeitsmarkt: Ausweg Selbstständigkeit | |
| > Dass Migranten sich selbstständig machen und damit Jobs schaffen, hat oft | |
| > nur einen Grund: Sie haben keine andere Wahl. | |
| Bild: Zugewanderte erfahrene Schneider arbeiten in Deutschland oft nur als Änd… | |
| Klischees haben einen Grund. Änderungsschneidereien sind in türkischer | |
| Hand, Asiaten findet man im Blumenhandel, polnische Selbstständige arbeiten | |
| auf dem Bau. Eine [1][Bertelsmann-Studie] weist nach, dass der Anteil der | |
| Selbstständigen mit Migrationshintergrund in Handel und Gastgewerbe | |
| zurückgeht, aber er bleibt hoch. Warum das so ist, könnte wichtig sein für | |
| die Frage, wie sich Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt einfinden. | |
| Migranten, auch neu eingereiste, gehen häufig in Bereiche, in denen man | |
| keine formale deutsche Berufsausbildung braucht. Dort ist auch kein | |
| Meisterbrief nötig, um einen Laden aufzumachen. Weil sie zwar das Können, | |
| aber nicht den Gesellen- oder Meisterbrief haben, arbeiten etwa | |
| zugewanderte erfahrene Schneider nur als „Änderungsschneider“, versierte | |
| Bauhandwerker als „Fliesenleger“ und Köche machen Restaurants auf. | |
| „Ethnic Entrepreneurship“ ist ein Kompromiss des eigenen Könnens mit den | |
| Bedingungen im Ankunftsland. Dabei bilden sich Communitys, über die häufig | |
| auch die Jobvergabe läuft. Vielleicht werden syrische oder irakische | |
| Flüchtlinge verstärkt in der Schnellgastronomie, bei Zustelldiensten, in | |
| Sicherheitsfirmen und Transportdiensten tätig sein – ein wenig zeichnet | |
| sich das schon ab. Für solche Jobs braucht man keine lange | |
| Berufsausbildung, die einen langen Vorlauf, sehr gute Deutschkenntnisse und | |
| den jahrelangen Verzicht auf ein Mindestlohneinkommen erfordert. | |
| Die Industrie, die allenthalben eine „Fachkräftelücke“ beklagt, die es | |
| zügig zu füllen gelte, dürfte diesen Trend bedauern. Aber vielleicht müssen | |
| wir unsere Maßstäbe von Qualifikation relativieren. In den meisten Teilen | |
| der Welt herrscht eine Ökonomie ohne Zertifikate, die auf den unmittelbaren | |
| Bedarf setzt, auf Risikobereitschaft, Improvisation, Verdienstmöglichkeit. | |
| Es ist auch eine Art von Globalisierung, wenn diese Tatsache durch die neu | |
| Eingereisten in Deutschland sichtbar wird. | |
| 12 Aug 2016 | |
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| [1] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2016/augus… | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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