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# taz.de -- Proteste in Armenien: Geiselnahme in Jerewan beendet
> Zwei Wochen hielten Bewaffnete eine Polizeistation besetzt, zwei Menschen
> starben. Nun gaben sie auf. Behörden melden 20 Festnahmen.
Bild: Straßenschlachten am vergangenen Freitagabend in Jerewan
Berlin/Jerewan taz/afp Nach zwei Wochen Nervenkrieg ist die Geiselnahme
durch Regierungsgegner in Armenien endgültig beendet: Nachdem sie am
Vorabend ihre letzten beiden Geiseln freigelassen hatten, gaben die
Bewaffneten am Sonntag auf und verließen das von ihnen besetzte
Polizeigebäude. Der Einsatz der Sicherheitskräfte sei zu Ende, 20
„Terroristen“ seien festgenommen worden, teilten die Sicherheitsbehörden am
Abend in Eriwan mit.
Zuvor hatte es zwei Wochen lang schwere Zusammenstöße zwischen
Polizeikräften und Demonstranten gegeben. Die Bilanz: zwei Tote,
offiziellen Angaben zufolge 75 zum Teil schwer Verletzte und 165
Festnahmen.
Am 17. Juli hatten 20 bewaffnete Anhänger des inhaftierten
Oppositionsführers Jirair Sefiljan eine Polizeistation im Bezirk Sari Tagh
gestürmt und mehrere Geiseln genommen. Sie forderten die Freilassung von
Sefiljan und anderer politischer Gefangener. Auch Staatspräsident Serj
Sargsjan sollte seinen Posten räumen und die Regierung ausgewechselt
werden.
„Nur durch eine bewaffnete Rebellion ist es möglich, Änderungen in Armenien
erreichen. Alle demokratischen Mittel, die wir bislang angewandt haben,
haben keinen Erfolg gehabt“, erklärten Mitglieder der bewaffneten Gruppe.
Der 49-jährige Sefiljan ist seit vergangenem Juni in Haft. Ihm wird
vorgeworfen, die Besetzung mehrerer Regierungsgebäude und
Telekommunikationseinrichtungen geplant zu haben. Er war bereits 2006
festgenommen worden, nachdem er zu einem Umsturz aufgerufen hatte.
## Errichtung eines Rechtsstaates
Selfiljan, der in den 90er Jahren am Krieg um die in Aserbaidschan
gelegenen armenische Enklave Berg-Karabach teilgenommen hatten, ist einer
der Führer der oppositionellen Bewegung „Neues Armenien“. Deren Ziel ist
es, einen Rechtsstaat in Armenien zu errichten.
Mitte vergangener Woche hatten die Geiselnehmer zwei Ärzte und zwei
Krankenschwestern in ihre Gewalt gebracht, die Verletzte in dem besetzten
Polizeigebäude medizinische behandeln wollten. Sowohl die Ärzte als auch
die Krankenschwestern sind wieder frei.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag demonstrierten in der Umgebung der
Polizeistation rund 5.000 Regierungsgegner, um die Forderungen der
Geiselnehmer zu unterstützen. Die Polizei ging mit Schlagstöcken und
Rauchbomben gegen die Menge vor. Parallel dazu griffen Polizisten, davon
viele in Zivil, Privathäuser mit Granaten an und schlugen wahllos die
Bevölkerung. Auch Kinder und Frauen wurden massiv bedroht.
Nikol Paschinjan war einer der wenigen Abgeordneten, der die
Protestbewegung unterstützte. Er versuchte seit dem Beginn des Aufruhrs,
zwischen den Demonstranten und Polizisten zu vermitteln.
Am Sonntag wandte sich Oppositionspolitiker Jirair Sefiljan an die
armenische Diaspora. „Wir erleben einen historischen Moment“, sagte er.
„Wir hoffen auf eure Anwesenheit auf den Straßen Jerewans“.
1 Aug 2016
## AUTOREN
Tigran Petrosyan
## TAGS
Armenien
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Jerewan
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Lesestück Recherche und Reportage
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