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# taz.de -- Freihandelsabkommen Ceta: Auf der Kippe
> Die Regierung in Ottawa setzt weiter auf das Abkommen mit der EU. Doch
> Premier Trudeau ist zum Zuschauen verdammt.
Bild: Ceta und TTIP sorgen in Europa für mächtig viel Krach
Edmonton taz | Justin Trudeau ist ein agiler Typ. Der kanadische Premier
tummelt sich gern in sozialen Netzwerken, marschiert auf Gay-Pride-Paraden
mit und steigt auch mal zum Schaukampf in den Boxring. Politisch hat er das
Land nach links gerückt: Er warb Flüchtlinge an, zog Kampfjets aus dem Irak
ab und leitete die Legalisierung von Cannabis in die Wege.
Beim Thema Freihandel mit Europa kann Ottawa aber nur eins: abwarten, was
Brüssel tut. Trudeau befürwortet den freien Austausch von Waren und
Dienstleistungen – und steht trotz Brexit und wachsender Kritik in Europa
zu Ceta, dem Freihandelsabkommen mit der EU.
Er sei weiter „sehr optimistisch“, dass Ceta bald in Kraft trete, sagte er,
nachdem die Europäische Kommission am Dienstag klar gemacht hatte, dass
auch die nationalen EU-Parlamente das Abkommen ratifizieren sollen.
Der Vertrag soll 99 Prozent der Zölle zwischen der EU und Kanada
beseitigen, den Export von Agrarprodukten ankurbeln, Unternehmen Zugang zu
öffentlichen Aufträgen verschaffen und die Freizügigkeit qualifizierter
Arbeitnehmer erleichtern. Kanada hofft auf rund 18.000 neue Jobs. Nach
Schätzungen aus Brüssel soll der rund 80 Milliarden Euro starke bilaterale
Handel durch Ceta um fast ein Viertel steigen. Und: Für Kanada ist Europa
ungleich wichtiger als umgekehrt. Die EU ist als Handelspartner Nummer 2
hinter den USA, für Europa ist das Ahornland nur der zwölftwichtigste
Handelspartner.
## Ein schwankender Partner
Und natürlich weiß Trudeau, dass Ceta auf der Kippe steht. Wenn die
Nationalstaaten mitbestimmen, könnte das das Abkommen am Ende vielleicht
sogar stoppen. Auch Handelsministerin Chrystia Freeland ist in Sorge über
den schwankenden Partner, verbreitet aber Optimismus. Man habe die
Entscheidung der Kommission so erwartet, sagte Freeland. Der Vertrag solle
noch in diesem Jahr unterzeichnet und in Kanada sowie im EU-Parlament
Anfang 2017 ratifiziert werden: „Es ist ein exzellenter Vertrag, der
unserem Mittelstand positive Resultate und wirtschaftliche Chancen bringt.“
Ceta ist in Kanada längst nicht so umstritten wie in Europa. Zwei Drittel
der 35 Millionen Kanadier befürworten den Freihandel, auch die zwei größten
Parteien. Regierungskritische Organisationen melden sich zwar mit Bedenken
zu Wort – werden aber öffentlich kaum wahrgenommen. Die Zustimmung des
kanadischen Parlaments gilt als Formsache.
Nicht so in Europa. Für den Fall, dass Parlamente einzelner EU-Länder oder
Regionen den Vertrag nicht ratifizieren sollten, setzt Ottawa jetzt auf die
Zusage der Brüsseler Kommission, dass bis zu 90 Prozent der Regelungen 2017
schon vorläufig gelten können – dieses „provisorische“ Inkrafttreten so…
aber gerade in Europa für mächtig Krach. Immerhin: Großbritannien hat
zugesagt, Ceta bis zu seinem Ausscheiden aus der EU zu unterstützen, hieß
es in Ottawa.
Das Unbehagen gegenüber Europa steigt. Erst im Frühjahr hatte Trudeau auf
Druck der EU die besonders umstrittenen Regeln zum Investorenschutz
nachgebessert – und so gehofft, die Kritik in der EU eindämmen zu können.
Für Unsicherheit sorgt auch die Entwicklung beim traditionell engsten
Verbündeten in der EU: Großbritannien. Kanada wickelt rund ein Drittel des
bilateralen Handels mit der EU über das Brexit-Land ab. Das Referendum
könnte nun bedeuten, dass Kanada ein eigenes Abkommen mit London verhandeln
muss – damit verliert Ceta für Ottawa extrem an Wert.
10 Jul 2016
## AUTOREN
Jörg Michel
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CETA
Kanada
EU
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Robert Habeck
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