# taz.de -- Nato-Gipfel in Warschau: Abschreckung und Dialog | |
> Das Militärbündnis will Einheit zeigen, scheitert aber daran beim Umgang | |
> mit Russland. Die skandinavischen Länder fühlen sich bedroht. | |
Bild: Deutschland ist gut geschützt, manch andere Länder fühlen sich bedroht | |
Die Nato muss mehr denn je Einheit und Solidarität zeigen. Darin sind sich | |
der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der US-amerikanische Präsident | |
Barack Obama sowie der EU-Ratspräsident Donald Tusk einig. Auf dem | |
Nato-Gipfel, der am Freitag in Polens Hauptstadt Warschau begonnen hat, | |
sollen konkrete Maßnahmen zur Verteidigung und zum Schutz vor Terror, | |
hybridem Krieg und Cyberattacken getroffen werden. Auf der Tagesordnung | |
steht auch der Umgang mit Russland, dessen unerklärter Angriffskrieg gegen | |
das Nachbarland Ukraine inzwischen knapp 10.000 Todesopfer forderte und | |
rund 2 Millionen Menschen in die Flucht trieb. | |
Während bei Fragen wie dem weiteren Einsatz der Nato im Irak, in | |
Afghanistan und Tunesien, wo es vor allem um Schulungen und finanzielle | |
Hilfen geht, relativ schnell ein gemeinsamer Standpunkt gefunden werden | |
dürfte, ist dies vollkommen anders beim Umgang mit Russland. „Dialog und | |
Abschreckung schließen sich gegenseitig nicht aus“, versichert | |
Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Der Norweger reagiert damit auf Kritik an | |
der geplanten Stationierung von vier multinationalen Nato-Bataillonen mit | |
je 1.000 Soldaten in Polen sowie den drei baltischen Republiken Litauen, | |
Lettland und Estland. | |
„In Zukunft wird es keine Zweifel mehr geben, dass ein Angriff auf eines | |
dieser Länder ein Angriff auf die gesamte Nato ist“, sagte Stoltenberg. Zu | |
den 15.000 Soldaten der schnellen Einsatzgruppe, die innerhalb von 48 | |
Stunden auf einen Angriff reagieren könnte, kämen 40.000 weitere, die | |
jederzeit mobilisiert werden könnten. | |
Abschreckung bedeute nicht Provokation eines Kriegs, sondern dessen | |
Verhinderung, so Stoltenberg. „Auch ein Rüstungswettlauf ist nicht in | |
unserem Sinne, im Gegenteil, wir suchen das Gespräch.“ Das Angebot des | |
Bündnisses, vor dem Warschauer Gipfel den Nato-Russland-Rat einzuberufen, | |
hatte Moskau abgelehnt. Immerhin soll er nun nach dem Gipfel stattfinden. | |
Nicht nur die baltischen, auch die skandinavischen Staaten fühlen sich mehr | |
und mehr bedroht. Seit 2013 gab es allein sechs russische Manöver mit 65 | |
bis 160.000 Soldaten. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim wurde von | |
einem solchen Großmanöver begleitet. Eines der jährlichen „West“-Manöver | |
Russlands endete mit simulierten Atomschlägen gegen Warschau. | |
## Drohung mit Aufrüstung | |
Am Nato-Gipfel nehmen als Gäste auch Schweden und Finnland ebenso wie | |
Georgien und die Ukraine teil. Die bislang neutralen Länder Skandinaviens | |
erwägen eine Vollmitgliedschaft in dem Westbündnis. Anders als die | |
Nato-Mitglieder Norwegen, Dänemark und Island würden Schweden und Finnland | |
im Ernstfall nicht von der Nato verteidigt werden. | |
Russlands Präsident Wladimir Putin drohte Finnland umgehend, dass eine | |
weitere Annäherung an die Nato eine massive russische Aufrüstung an der | |
über 1.300 Kilometer langen gemeinsamen Grenze zur Folge haben werde. | |
In Schweden sorgten Gerüchte über ein russisches U-Boot vor der Küste und | |
über Manöver mit angeblich Zehntausenden russischen Soldaten, die die | |
Besetzung von Ostseeinseln übten, zu einer Anhebung des seit Jahren | |
zurückgefahrenen Militärhaushalts. Erstmals seit Jahren gibt es laut einer | |
Umfrage vom Mai in Schweden eine Mehrheit für den Nato-Beitritt. | |
Auf dem Gipfel muss nun abgewogen werden, wie den Partnerländern Finnland, | |
Schweden, Georgien, Moldawien und der Ukraine am besten geholfen werden | |
kann. Eine Fehlentscheidung könnte für jedes dieser Länder folgenreiche | |
Auswirkungen bis hin zum Krieg haben. | |
8 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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