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# taz.de -- Prozess gegen SS-Wachmann in Auschwitz: Verteidiger fordern Freispr…
> Reinhold Hanning habe keine Menschen getötet, geschlagen oder dabei
> geholfen, sagt die Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre
> Haft gefordert.
Bild: Im Rollstuhl in Gerichtssaal: Reinhold Hanning am Samstag in Detmold
Detmold dpa | Im Auschwitzprozess haben die Verteidiger Freispruch für den
angeklagten früheren SS-Wachmann Reinhold Hanning gefordert. In der
Verhandlung seien keine Beweise für die direkte Beteiligung des heute
94-Jährigen an konkreten Taten vorgelegt worden, sagte Rechtsanwalt
Johannes Salmen am Samstag in seinem Plädoyer vor dem Landgericht Detmold.
Hanning habe zu keinem Zeitpunkt Menschen getötet, geschlagen oder dabei
geholfen. Auch habe er den Teil des Lagers, in dem die Gaskammer lagen, nie
betreten.
Aus Termingründen war ausnahmsweise an einem Samstag verhandelt worden. Der
frühere SS-Wachmann ist als Teil der Tötungsmaschinerie des
Vernichtungslagers wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 100.000 Juden
angeklagt. Einige Nebenklägervertreter sehen den SS-Unterscharführer
Hanning als Mittäter und nicht als Helfer. Die Staatsanwaltschaft hatte
wegen Beihilfe sechs Jahre Haft gefordert.
Jüngere Schuldsprüche gegen Vernichtungslager-Wachmänner wegen Mordbeihilfe
seien bislang nicht rechtskräftig, stellten Hannings Verteidiger am Samstag
dagegen fest. So werde im Fall des 2015 als „Buchhalter von Auschwitz“ zu
vier Jahren Haft verurteilten Oskar Gröning noch über eine Revision
entschieden. Daher habe die höchstrichterliche Rechtsprechung aus dem Jahr
1969 noch immer Gültigkeit: Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs sei
nicht jeder, der in das Vernichtungsprogramm des Konzentrationslagers
eingegliedert war, für alles verantwortlich zu machen.
Salmen betonte, dass Hanning noch ein Jugendlicher gewesen sei, als er sich
zur SS meldete. Als einfacher Arbeiter ohne Schulabschluss habe er die
Folgen seines Handelns nicht überblicken können. „Man kann heute nicht so
tun, als ob der Angeklagte damals ein gestandener Mann war, der wusste was
er tut“, so Salmen.
Von Karrieregedanken getrieben, habe er sich zur SS gemeldet. Fortan habe
er im Dienste eines verbrecherischen Systems gestanden, dessen Befehle er
befolgen musste. Sich zu verweigern habe er aus Angst vor den Folgen nicht
gewagt. Heute bereue Hanning sein Verhalten und schäme sich. Der Prozess
habe Spuren hinterlassen: „Er ist ein gebrochener alter Mann und nicht mehr
derjenige, der er vor der Verhandlung gewesen sein mag“, sagte Salmen.
In dem Prozess hatte der 94-Jährige die meiste Zeit geschwiegen, sich nur
in einer kurzen persönlichen Erklärung entschuldigt. In einem vom Anwalt
verlesenen Bericht zum persönlichen Werdegang hatte der Angeklagte der
Eindruck vermittelt, er sei zufällig und durch das Zutun anderer als
Wachmann in Auschwitz gelandet. Der 94-Jährige verzichtete am Samstag auf
das letzte Wort und schwieg. Am Freitag wollen die Richter ihr Urteil
sprechen.
11 Jun 2016
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Schwerpunkt Nationalsozialismus
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