# taz.de -- Endlagerkommission zu Atommüll: Müllabfuhr hat 50 Jahre Verspätu… | |
> So schnell geht es nicht mit der sicheren Lagerung des deutschen | |
> Strahlenmülls. Im 22. Jahrhundert könnte es aber klappen, sagen die | |
> Experten. | |
Bild: Die Müllabfuhr kommt bald – im nächsten Jahrhundert | |
Berlin taz | Die Endlagerung des deutschen Atommülls wird sich nach Ansicht | |
der zuständigen Expertenkommission um ein halbes Jahrhundert verzögern. Der | |
offizielle Zeitplan, um ein zentrales Endlager für den hochradioaktiven | |
Abfall aus den deutschen Atomkraftwerken zu finden, zu bauen und zu | |
befüllen, sei „letztlich unrealistisch“, urteilt die „Kommission Lagerung | |
hoch radioaktiver Abfallstoffe“ des Bundestags in der Endfassung ihres | |
Schlussberichts. | |
Die Erfahrungen mit ähnlichen Großprojekten der nuklearen Entsorgung | |
„zeigen mehr als deutlich, dass ein solcher Zeitplan nach heutiger | |
Einschätzung nicht funktionieren wird“, heißt es in dem Bericht. Vor allem | |
seien mögliche Verzögerungen durch „eventuelle Nachuntersuchungen und | |
Gerichtsverfahren nicht eingerechnet“. | |
Bisher sieht das „Standort-Auswahl-Gesetz“ vor, dass die Suche nach einem | |
Endlager für die insgesamt 27.000 Kubikmeter stark strahlenden Mülls bis | |
zum Jahr 2031 abgeschlossen werden soll. Die Einlagerung des Strahlenmülls | |
solle dann etwa 2050 beginnen, so hat es der Bundestag in das Gesetz | |
geschrieben. | |
Dieser Zeitplan ist für die Experten der Kommission Wunschdenken: Viel | |
realistischer sei ein zweites Szenario, in dem eine „Standortfestlegung | |
erst in 40 bis 60 Jahren“ machbar sei, schreiben die Experten. „Die | |
Inbetriebnahme könnte erst für das nächste Jahrhundert erwartet werden“, | |
heißt es weiter, „ein Verschluss erst weit in das nächste Jahrhundert | |
hinein“ – also weit nach 2100. | |
Das zuständige Bundesumweltministerium erklärte auf Anfrage, man werde sich | |
zu dem Bericht erst äußern, wenn er vorliege. „Wir halten uns an das, was | |
im Gesetz steht“, sagte ein Sprecher. Es habe wenig Sinn, über Jahreszahlen | |
zu spekulieren, aber „die Gesellschaft hat ein Anrecht darauf, dass dieses | |
Problem so zügig gelöst wird wie möglich.“ | |
## Zweijährige Untersuchung | |
Die neue Zeitrechnung in der Atomdebatte ist eine Konsequenz aus der | |
zweijährigen Arbeit der Kommission. In ihr ringen 33 Vertreter von | |
Parlamenten, Bundesländern, Unternehmen, Forschungsinstituten und | |
Umweltverbänden um einen Prozess, wie die Suche nach dem Endlager im | |
Konsens stattfinden soll. Den Endbericht will die Kommission am 5. Juli der | |
Regierung, dem Parlament, dem Bundesrat und der Öffentlichkeit | |
präsentieren. | |
In dem etwa 500-seitigen Konzept schlagen die Experten keine Standorte vor, | |
sondern nur Kriterien, anhand derer die Suche unternommen werden soll. In | |
den nächsten Wochen muss der Bericht endgültig abgestimmt werden. | |
Umstrittene Punkte sind nach wie vor das Schicksal des Standorts Gorleben, | |
die Frage der Bürgerbeteiligung oder Details wie etwa die Wichtigkeit der | |
geologischen Abdeckung des Endlagers durch ein „Deckgebirge“. | |
Der Zeitraum des Gesetzes galt schon seit langem als sehr ambitioniert. Die | |
Kommission stellt nun fest, dass „die drei zentralen Ziele“ – | |
Schnelligkeit, Sicherheit und Transparenz – „nicht gleichzeitig erreichbar | |
sind“. Für die Schnelligkeit solle aber weder die Sicherheit noch die | |
Transparenz leiden, so die Experten. Deshalb werde es zu Verzögerungen | |
kommen. | |
## Auswirkungen auf Atompolitik | |
Der Zeitrahmen für das Endlager hat direkte Auswirkungen auf die | |
Atompolitik in Deutschland, auch wenn nach offiziellem Fahrplan das letzte | |
AKW 2022 vom Netz geht. Denn die Zwischenlager an den AKW-Standorten, wo | |
bislang an 13 Orten in etwa 400 Castor-Behältern der stark strahlende | |
Abfall gesammelt wird, sind nur bis etwa 2050 genehmigt. | |
Wenn ihr Haltbarkeitsdatum abläuft, droht die nächste Runde im | |
Altlasten-Streit: Soll man neue Zwischenlager an den Standorten bauen und | |
genehmigen? Oder gar zentrale Zwischenlager bauen, die irgendwann die | |
geplanten 1900 Castoren aufnehmen, ehe sie in einem Endlager verschwinden? | |
Und wo und wie findet man solche zentralen Zwischenlager, die für einige | |
Jahrzehnte die Castoren aufnehmen müssten? | |
Klar ist nur: Falls die Zeitverzögerung zu höheren Kosten führt, trägt | |
diese der Steuerzahler. Denn im gerade gefundenen Kompromiss mit den | |
Atomkonzernen über die Finanzierung der Altlasten sind die Unternehmen nur | |
verpflichtet, den Abriss der AKW in voller Höhe zu zahlen. Für die Lagerung | |
des Mülls stehen sie mit einem Fonds nur bis zu einer Grenze von 23,3 | |
Milliarden Euro in der Pflicht. | |
3 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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