# taz.de -- Radioaktiver Müll in Deutschland: Kriterien für Endlager-Suche st… | |
> Die Endlagerkommission hat einen Bericht vorgelegt, der bei der Suche | |
> nach einem Atom-Endlager helfen soll. Kritik kommt aus dem Wendland. | |
Bild: Weniger gemütlich, als es aussieht: das Bergwerk Gorleben | |
Berlin dpa | Die [1][Endlagerkommission] des Bundestages hat sich auf | |
Empfehlungen für die Suche nach einem Standort zur Lagerung von hoch | |
radioaktivem Atommüll geeinigt. Der Abschlussbericht wurde mit großer | |
Mehrheit angenommen. Die zweijährige Arbeit der Kommission endete in der | |
Nacht zum Dienstag nach einem letzten 13-stündigen Beratungsmarathon. | |
Das Gremium aus Abgeordneten, Wissenschaftlern und Verbandsvertretern | |
formulierte die Kriterien so, dass völlig offen bleibt, in welchem | |
Bundesland die abgebrannten Brennelemente aus den Kernkraftwerken letztlich | |
gelagert werden sollen. | |
Versuche einzelner Kommissionsmitglieder, die Anforderungen so zu fassen, | |
dass eine Lagerung in Salzgestein oder Granitgestein von vornherein | |
ausgeschlossen wäre, wurden von der Mehrheit abgelehnt. | |
„Ich hoffe, dass es in der bald beginnenden Endlagersuche nicht weiterhin | |
bayerische und sächsische Bestrebungen gibt, sich aus der Verantwortung zu | |
stehlen“, sagte die atompolitische Sprecherin der | |
Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl. | |
Auf Grundlage der Empfehlungen der Kommission sollen Bundestag und | |
Bundesrat die Kriterien gesetzlich festlegen. Erst danach kann die | |
wissenschaftliche Untersuchung möglicher Standorte für ein Endlager für | |
abgebrannte Brennelemente aus den Kernkraftwerken beginnen. Anwohnern, | |
Gemeinden und anerkannten Umweltverbänden werden in verschiedenen Phasen | |
der Standortauswahl Klagemöglichkeiten eingeräumt. | |
## Kein klares „Nein“ zu Gorleben | |
Heftige Diskussionen gab es in der letzten Sitzung um den Salzstock | |
Gorleben. Klaus Brunsmeier vom Umweltverband BUND wollte den Satz einfügen: | |
„Angesichts der Geschichte des Standorts wäre ein solches Vorhaben | |
politisch nicht durchsetzbar.“ Dies wurde jedoch abgelehnt. Brunsmeier | |
stimmte später als einziger der 15 anwesenden stimmberechtigten Mitglieder | |
gegen den Abschlussbericht. | |
Auch der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias | |
Miersch, hätte sich ein klares „Nein“ zu Gorleben gewünscht. Er sagte: �… | |
gefunden Kriterien legen allerdings nahe, dass, im Fall eines fairen | |
Verfahrens, Gorleben ausscheidet.“ | |
„Wir sehen zwar auch, dass der Bericht eine Reihe von | |
Verbesserungsvorschlägen enthält, aber das Ziel, einen gesellschaftlichen | |
Konsens zu finden, wurde nicht erreicht“, sagte der Leiter der | |
BUND-Abteilung für Atompolitik, Thorben Becker. | |
## „Dicke Brocken weggeräumt“ | |
Auch um die Frage, wie mächtig das Gestein sein muss, damit dort die | |
Atommüll-Behälter unterirdisch gelagert werden können, wurde bis zuletzt | |
gerungen. Sicherheitshalber wurde beschlossen, dass im unmittelbar um die | |
Einlagerungshohlräume liegenden Gestein bei Temperaturen von bis zu 100 | |
Grad keine negativen Veränderungen riskiert werden dürfen. | |
Die grünen Umweltminister von Niedersachsen und Schleswig-Holstein zeigten | |
sich zufrieden mit dem Ergebnis. „Es wurden echt ein paar dicke Brocken | |
weggeräumt“, sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck. | |
Niedersachsens Ressortchef Stefan Wenzel sagte, die Kommission habe | |
konstruktiv und fair gearbeitet. | |
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erwartet, dass das Endlager | |
2050 in Betrieb genommen wird. Einige Mitglieder der Kommission halten das | |
für unrealistisch. Schon jetzt steht fest, dass Genehmigungen für | |
Zwischenlager verlängert werden müssen. | |
## Kritik aus dem Wendland | |
Bei Umweltschützern stieß der Bericht auf ein geteiltes Echo. Während die | |
Deutsche Umweltstiftung das Ergebnis im Kern begrüßte, kritisieren | |
Atomkraftgegner aus dem Wendland den Report. An dem Bericht sei „nichts | |
wirklich neu“, sagte Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Umweltschutz | |
Lüchow-Dannenberg am Dienstag. Die Kommission habe die Sicherheitskriterien | |
für ein Endlager „wieder einmal so hingebogen, dass Gorleben im Spiel | |
bleibt“. | |
Der „Schulterschluss Lüchow-Dannenberg“, ein Bündnis örtlicher | |
Umweltschützer, kritisierte vor allem „die völlig unzureichenden und damit | |
nahezu wirkungslose Partizipations- und Kontrollmöglichkeiten der | |
Gesellschaft“, die in dem Bericht vorgesehen seien. | |
Zudem sei der Rechtsschutz gegenüber normalen Verwaltungsakten drastisch | |
verkürzt. Die Vorschläge der Endlagerkommission folgten damit der „alten | |
Linie“ des Standortauswahlgesetzes von 2013: „Es bietet einen | |
Werkzeugkasten, mit dem sich letztlich ein politisch ausgehandelter | |
Standort durchsetzen lässt.“ | |
## „Zufallsbürger“ sollen die Suche überwachen | |
Dagegen sagte der Vorsitzende der Deutschen Umweltstiftung, Jörg Sommer, | |
das von der Kommission erarbeite neue Suchverfahren setze auf die richtigen | |
Schwerpunkte. Ohne Vorfestlegungen, auf der Basis transparenter und | |
wissenschaftlich fundierter Kriterien sowie mit umfangreichen Elementen der | |
Bürgerbeteiligung könne die Endlagersuche gelingen. Als einer von zwei | |
Vertretern der Umweltbewegung hat Sommer in der Kommission selbst | |
mitgearbeitet. | |
Die geplante Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle werde | |
nach den Empfehlungen der Kommission von einem Nationalen Begleitgremium | |
überwacht, dem neben unabhängigen Persönlichkeiten auch „Zufallsbürger“… | |
Vertreter der jungen Generation angehörten, sagte Sommer weiter. | |
In den möglicherweise betroffenen Regionen seien für alle Bürger offene | |
Regionalkonferenzen mit starken Nachprüfrechten vorgesehen. Das neue | |
Suchverfahren habe aus dem gesellschaftlichen Großkonflikt um die | |
Atomenergie gelernt. Die Suche beginne „neu, transparent und | |
ergebnisoffen“. | |
28 Jun 2016 | |
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[1] http://www.bundestag.de/endlager/ | |
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