# taz.de -- Protest gegen Gesetz für Sexarbeit: Keine Kuschelstimmung im Bett | |
> Lobbyverbände und die Opposition halten das neue Gesetz zum | |
> Prostituiertenschutz für eine „Luftnummer“. Es treibe Huren in die | |
> Illegalität. | |
Bild: Protest in rot-weiß vor dem Bundestag | |
BERLIN taz | Es muss sich für Prostituierte angefühlt haben wie eine | |
Provokation: Ausgerechnet am 2. Juni, dem Internationalen Hurentag, | |
behandelte der Bundestag in erster Lesung den Entwurf eines Gesetzes, das | |
SexarbeiterInnen besser schützen sowie Kriminalität und Menschenhandel | |
eindämmen soll. Sexlobby und Berufsverbände lehnen das sogenannte | |
Prostituiertenschutzgesetz aber ab. | |
Das Gesetz, für das Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) zuständig | |
ist, führe mitnichten zu besseren Perspektiven von Prostituierten, sondern | |
zum Gegenteil, beklagt etwa die Berliner Hurenberatungsstelle Hydra: | |
Sexarbeit würde weiter stigmatisiert und illegalisiert. Hydra rief zu einem | |
Protest vor dem Bundestag auf: Mit ausgebreiteten Laken als Symbol für ein | |
wichtiges Arbeitsgerät im Sexgeschäft sollten KritikerInnen ihre | |
Missbilligung am Schwesig-Papier ausdrücken. Doch die Aktion fiel mickrig | |
aus. | |
Nur wenige Frauen bildeten mit weißen, roten und bunten Betttüchern eine | |
Menschenkette. Gegenüber vom Bundestag liegen der Tiergarten und die Straße | |
des 17. Juni, wo jeden Abend „sehr hübsche Damen im Alter zwischen 20 und | |
40 Jahren“ ihre Dienste anbieten. So jedenfalls preist ein privates | |
Stadtportal im Internet den Straßenstrich an. | |
Unter anderem an sie denkt Ministerin Schwesig, wenn sie – so wie am | |
Donnerstag im Bundestag – versichert, dass künftig „Prostitution unter | |
fairen Bedingungen“ ablaufe. | |
## Illegalisierung befürchtet | |
Das bezweifelt die Opposition. So fürchtet Katja Dörner, Fraktionsvize der | |
Grünen, dass das Sexgewerbe fortan in die Illegalität abwandere. | |
Linken-Fraktionsvize Cornelia Möhring nennt das Gesetz eine „Luftnummer“: | |
Damit würden weder Prostituierte geschützt noch Zuhälter bekämpft. | |
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Prostituierte sich künftig anmelden und | |
einmal im Jahr gesundheitlich beraten lassen müssen. SexarbeiterInnen unter | |
21 Jahren sollen öfter zur Beratung. Bordellbetreiber müssen ihr Geschäft | |
anmelden und ihre Zuverlässigkeit überprüfen lassen. Flatrate-Sex – einmal | |
zahlen und so viel Wums wie möglich – soll verboten werden, Freier müssen | |
Kondome verwenden. | |
Das Gesetz war zwischen Union und SPD von Beginn an umstritten. Während es | |
die SPD liberaler anlegen wollte, drängten CDU und CSU auf Restriktionen. | |
Das machte Marcus Weinberg, CDU, am Donnerstag erneut deutlich. Der | |
familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion forderte, die Prostituierten | |
bei ihrer Anmeldung auf ihre „Einsichtsfähigkeit“ zu testen: Sind sie in | |
der Lage zu erkennen, was sie da tun? Darüber hinaus forderte er ein | |
Arbeitsverbot für Frauen während ihrer Schwangerschaft. | |
Die Prüfung der Einsichtsfähigkeit lehnt der Prostituiertenverein Dona | |
Carmen in Frankfurt am Main als „Idiotentest“ ab. Der Juristinnenbund wies | |
im Vorfeld auf ein weiteres Problem für Prostituierte hin: Die | |
Anmeldekosten könnten die Kommunen auf die SexarbeiterInnen umlegen. Das | |
könnte für diese teuer werden und sie in die Abhängigkeit von Schleppern | |
und Zuhältern treiben. | |
3 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
## TAGS | |
Sexarbeit | |
Manuela Schwesig | |
Bundestag | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Sexarbeit | |
Prostitution | |
Prostitution | |
Prostitution | |
Prostitution | |
Prostitution | |
Prostitution | |
UN-Resolution | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hamburger CDUler über Koalitionen: „Ich halte viel von Schwarz-Grün“ | |
Er will als CDU-Direktkandidat in den Bundestag und flirtet heftig mit | |
Grünen und Liberalen. Marcus Weinberg über das angeschlagene Vertrauen zur | |
SPD. | |
Klage gegen Prostituiertenschutzgesetz: Hurenpass und Betriebskonzept | |
SexarbeiterInnen müssen sich anmelden und regelmäßig gesundheitlich beraten | |
lassen. Auch behördliche Kontrollen sind vorgesehen. | |
Kommentar Schutz von Prostituierten: Entmündigung per Gesetz | |
Der Bundestag will Prostituierte schützen, indem er sie stärker | |
kontrolliert. Doch damit schafft er neue Möglichkeiten zur Erpressung. | |
Neues Gesetz zum Menschenhandel: Anmeldepflicht für Prostituierte | |
Der Bundestag hat ein Gesetz beschlossen, das Prostituierte besser schützen | |
soll. Kritiker befürchten, dass damit genau das Gegenteil erreicht wird. | |
Feldzug von „Emma“ gegen Prostitution: Übers Ziel hinaus | |
In der neuen Kampagne der Zeitschrift „Emma“ sind SexarbeiterInnen per se | |
drogen- und alkoholabhängig. Und sie werden nicht älter als 33 Jahre. | |
NRW gegen das Prostituiertenschutzgesetz: Ist lustloser Sex schon Prostitution? | |
NRW hat viel Kritik an dem neuen Gesetz zum Schutz von Prostituierten und | |
will im Bundesrat zahlreiche Änderungsanträge einreichen. | |
Kommentar Prostitution: Ein dreckiges Geschäft | |
Die Razzia im Berliner Großbordell „Artemis“ beweist: Saubere Prostitution | |
ist eine Illusion. Also doch besser verbieten? | |
Neues Prostitutionsgesetz in Frankreich: Geldstrafe für Freier | |
Sexarbeit soll nicht mehr bestraft werden. Dennoch befürchten Kritiker, | |
dass eine Verdrängung in den Untergrund droht. | |
Kommentar UN und sexueller Missbrauch: Zu kurz gegriffen | |
Die Resolution war überfällig, doch ihre Definition ist ungenau. Sexuelle | |
Ausbeutung von Zivilistinnen durch UN-Personal wird nicht unterbunden. |