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# taz.de -- Kommentar Schutz von Prostituierten: Entmündigung per Gesetz
> Der Bundestag will Prostituierte schützen, indem er sie stärker
> kontrolliert. Doch damit schafft er neue Möglichkeiten zur Erpressung.
Bild: Die Nichtgreifbarkeit kann für Prostituierte sowohl Schutz als auch Gefa…
Es ist ein merkwürdiges Gesetz geworden, das
[1][Prostituiertenschutzgesetz, das gestern im Bundestag verabschiedet
wurde]. Sein Ziel laut Titel: Schutz der Prostituierten. Sein Mittel:
Kontrolle. Und zwar nicht nur eine sinnvolle Kontrolle der Bordellbetriebe,
bei denen die Gefahr besteht, dass sie Prostituierte ausbeuten. Sondern
auch Kontrolle der Prostituierten selbst. Sie müssen sich regelmäßig bei
den Kommunen anmelden und ein verpflichtendes Beratungsgespräch über sich
ergehen lassen.
Und das ist schon merkwürdig. Denn ein Zwang zur Untersuchung ist ein
großer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eines Menschen. Geht die
Prostituierte nicht hin, holt sie die Polizei. Jeder Mensch kann ärztliche
Untersuchungen ablehnen, solange er nicht entmündigt ist. Nur die
Prostituierte nicht. Sie wird hier per Gesetz entmündigt. Freiwillige
Angebote seien ohnehin hilfreicher, heißt es aus den Gesundheitsämtern. Sie
wurden nicht gehört.
Auch die Meldepflicht ist problematisch. So eine Meldebescheinigung kann
pure Macht für den bedeuten, der sie in die Finger bekommt. Etwa ein
Menschenhändler. Der kann von ihm zur Prostitution gezwungene Frauen und
Mädchen, etwa aus Osteuropa, zunächst zur Anmeldung schicken und dann ihre
Bescheinigung zur Erpressung nutzen: Wenn Du nicht tust, was ich Dir sage,
dann schicke ich diesen Schein an Deine Verwandten – die in den
allermeisten Fällen auf keinen Fall wissen sollen, was die Person in
Deutschland tut. Auch einheimische Prostituierte können mit diesem Papier
unter Druck gesetzt werden – arbeiten sie doch oft klandestin.
Genau diese Klandestinität macht es so schwierig, etwas Gutes für
Prostituierte zu erreichen. Das Zwielicht, die Nichtgreifbarkeit, kann für
sie sowohl Schutz als auch Gefahr bedeuten. Sie mit Polizeigewalt aus
diesem Zwielicht zu zerren, ist kein guter Weg.
8 Jul 2016
## LINKS
[1] /Neues-Gesetz-zum-Menschenhandel/!5320390
## AUTOREN
Heide Oestreich
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