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# taz.de -- Mit den Busspuren-Betreuern unterwegs: Einfach zugeparkt
> Zwischen Busfahrern und Radfahrern liegen Welten. Aber sie haben ein
> gemeinsames Problem: Autofahrer, die ihnen die Spur blockieren.
Bild: Heraus zur Fahrraddemo. Ob wieder 120.000 kommen, wie beim letzten Mal?
Leise quietscht die Winde des Abschleppkrans. Am Haken hängt ein Volvo mit
westdeutschem Kennzeichen. Es ist Mittwoch, acht Uhr in der Früh. Die
Fahrerin hatte den Wagen vor ihrem Wohnhaus in der Hauptstraße in
Schöneberg auf der Busspur geparkt – nicht zum ersten Mal. Es sei schon das
11. Mal, dass man den Wagen abschleppen lasse, erzählen Mitarbeiter der
BVG. Die Busspurenbetreuer führen in dieser Woche zusammen mit Polizei und
Ordnungsamt eine gemeinsame Aktion gegen verkehrswidriges Halten und Parken
auf Radwegen und Busspuren durch.
Berlin hat rund 100 Kilometer Busspur und weit über 1.000 Kilometer
Radwege, davon führen 950 Kilometer über befestigte Spuren auf
Bürgersteigen. Zwischen Busfahrern und Radfahrer liegen gemeinhin Welten.
Aber sie haben auch ein gemeinsames Problem: Autofahrer, die ihnen die Spur
zuparken. „Aus eigensüchtigen Motiven, um sich die lästige Parkplatzsuche
zu ersparen“, würden die Halteverbote immer wieder unterlaufen, heißt es in
der Pressemitteilung der Polizei über die Verkehrsaktion. Rund 27.000
Verstöße auf Rad- und Gehwegen und rund 19.000 Verstöße auf Busspuren
wurden 2015 angezeigt. Die Dunkelziffer ist naturgemäß weit höher.
## Regeln gern ignoriert
Auf Radwegen, egal ob auf der Straße oder dem Bürgersteig, darf überhaupt
nicht geparkt werden. Auch die Auffahrten zu den Radwegen müssen frei
bleiben. Und auf Busspuren besteht zwischen 7 und 9 sowie 14 und 18 Uhr
absolutes Halteverbot. Außer den großen Gelben dürfen dort in dieser Zeit
nur Radfahrer und Taxis unterwegs sein. Tagsüber ist in der übrigen Zeit
nur Halten zum Be- und Entladen erlaubt. Geparkt werden darf auf der
Busspur grundsätzlich nur zwischen 18 und 7 Uhr.
Was die Busspuren betrifft, werden die Regeln in der Potsdamer Straße und
Hauptstraße – beide Straßen gehen ineinander über – besonders gern
ignoriert, erzählt Axel Schröder. Der BVG-Mitarbeiter ist Koordinator der
Busspurenbetreuer. Genau gesagt handelte sich dabei um 18 BVG-Mitarbeiter,
die stadtweit darüber wachen, dass BVG-Busse freie Fahrt haben. Die meisten
waren früher selbst Busfahrer, können aus gesundheitlichen Gründen aber
nicht mehr hinter dem Steuer sitzen.
Auch bei Mustafa Kaya ist das so. 25 Jahre hat er Doppeldecker durch Berlin
gesteuert, seit acht Jahren ist er Busspurenbetreuer. Kaya weiß, wie es
ist, so ein riesiges vollbesetztes Gefährt nur deshalb abbremsen zu müssen,
weil Autos die Busspur versperren. Auch von Radfahrern, die sich an
Haltestellen immer wieder vor die Busse schlängeln, obwohl sie wissen, dass
sie von diesen sogleich wieder überholt werden, weiß er ein Lied zu singen.
Für den Radfahrer sei das ein Spiel, für den Busfahrer bedeute es Stress,
weil er beim Überholvorgang stets aufs Neue von der Busspur in den offenen
Verkehr ausscheren müsse.
Aber auch Busspurenbetreuer haben es nicht leicht. Bei einem Teil der
Bevölkerung genieße man ein ähnliches Image wie das Ordnungsamt, erzählt
Kaya. „Wir sind die Abzocker, werden angespuckt, bedroht und beleidigt.“
Seit ihm ein Passant ins Gesicht geschlagen habe, gehe er lieber zusammen
mit einem Kollegen im Doppelpack auf Streife.
## Gefahr – und Zeitverlust
Parkt ein Auto auf einer Busspur und sieht das ein Busspurenbetreuer,
informiert der die Polizei. Die wiederum fordert einen Abschleppwagen an.
Binnen einer halben Stunde muss der Abschleppdienst vor Ort sein, so haben
es Firmen und Polizei vertraglich vereinbart.
Je schneller die Spur wieder frei ist, umso besser. Denn: Behinderungen
können nicht nur gefährlich sein, sie bedeuten auch Zeitverlust. Die
Buszeiten seien eng getaktet, der zeitliche Puffer gering, erzählt Kayas
Kollege André Dulian. „Wenn man mit Verspätung an der Endhaltestelle
ankommt, reicht es manchmal kaum, in die Stulle zu beißen oder auf Toilette
zu gehen, bevor man wieder losmuss.“
Das Ergebnis der einwöchigen Verkehrsaktion, die auch auf Radwegen
durchgeführt wird, will die Polizei am kommenden Montag bekannt geben. In
40 Straßenzügen findet sie jeweils einmal für rund zweieinhalb Stunden
statt. Das Ganze hat also eher plakativen Charakter. Und trotzdem: Wer sein
Auto abgeschleppt bekommen hat, wird sich das nächste Mal bestimmt besser
überlegen, wo er das Fahrzeug parkt. Immerhin schlägt der „Spaß“ mit 200
Euro zu Buche.
Im Fall des Volvo indes, der am Mittwoch zum elften Mal am Haken hing, sind
Busspurenbetreuer und Polizei ratlos. Die Fahrerin sei die Exfrau eines
bekannten Unterhaltskünstlers, heißt es. Jener begleiche die Rechnungen
anstandslos. So war es zumindest bislang.
2 Jun 2016
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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Fahrrad
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