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# taz.de -- Kolumne Dumme weiße Männer: Viel Testosteron, wenig Pigmente
> In Brasilien haben korrupte weiße Männer alle Frauen und Nicht-Weißen aus
> der Regierung getrieben. Nun leben alte Hierarchien wieder auf.
Bild: In Brasilien ist die Macht weiß und männlich: Michel Temer
Wenn das der Backlash auf den steigenden Einfluss von Frauen und
Nichtweißen ist, [1][dann ist er überdeutlich]: Das neue Kabinett in
Brasilien besteht ausschließlich aus weißen Männern. Zur Macht gekommen
sind sie, indem sie [2][in einem zweifelhaften Verfahren] Brasiliens erste
Präsidentin von ihrem Amt suspendiert haben.
Nun war das Kabinett der geschassten Dilma Rousseff, mit 6 Frauen und einem
schwarzen Mann in 39 Ämtern, weit davon entfernt, ein Paradies der
Gleichberechtigung zu sein – doch zuletzt war eine brasilianische Regierung
zu Zeiten der Militärdiktatur so weiß und männlich. Und während sie
Rousseffs Regierung vorwerfen, ihre Bücher schöngerechnet zu haben, sind
[3][viele ihrer Gegner selbst der persönlichen Bereicherung durch
Korruption verdächtigt].
„Tschüss, Liebes“ stand auf Schildern, die manche Abgeordnete nach der Wahl
zu Rousseffs Amtsenthebung hochhielten. Rousseff selbst stellte
berechtigterweise die Frage, ob ein männlicher Präsident bei ähnlichen
Vorwürfen wohl je so behandelt worden wäre wie sie. „Ordnung und
Fortschritt ohne Frauen und Schwarze“, schrieb [4][ein brasilianischer
Journalist auf Twitter]. „Die Regierung Temer beginnt mit viel Testosteron
und wenig Pigmenten.“
Aufgrund von Kolonialismus und Sklavenhandel sind in Brasilien
[5][Rassismus und Armut eng miteinander verwoben]. Und so stellt die
Suspendierung Rousseffs alte Hierarchien wieder her – tatsächlich, wie
symbolisch. Die neue Regierung um den ehemaligen Vizepräsident Michel Temer
besteht aus der alten Elite, die die 13-jährige Herrschaft der
Arbeiterpartei nicht mehr aushielt. Das neue Kabinett signalisiert: Egal,
dass die Mehrheit in Brasilien Nichtweiße und Frauen sind, weißen Männern
gehört die Macht. Am anderen Ende dieser Hierarchie sind schwarze Frauen,
die [6][am häufigsten Opfer von Gewalttaten] sind.
Doch zugleich geht es in Brasilien wohl auch darum, wie Frauen zu sein
haben. Dilma Rousseff kämpfte in der Guerilla gegen die Militärdiktatur,
wurde als Gefangene gefoltert, war zweimal verheiratet und ist zweimal
geschieden. Das Gegenmodell ist derzeit die Frau Michel Temers, die neue
First Lady. 43 Jahre jünger als Michel, wurde Marcela Temer kürzlich [7][in
einem Zeitungsporträt] als „schön, sittsam und Hausfrau“ beschrieben. Sie
sei „glücklich“ weil ihr Mann sie mal wieder zum Essen ausgeführt habe,
heißt es, und wünsche sich einen zweiten Sohn mit ihm.
## Nur elf Länder werden von Frauen regiert
Mit der Suspendierung Rousseffs verschlechtert sich eine andere, selten
beachtete Statistik: die der [8][weiblichen] [9][Regierungschefinnen]
weltweit. Von den fast 200 Ländern der Welt werden gerade einmal elf von
Frauen regiert, nun sind es zehn. Unübersehbar ist auch: Die Mehrzahl
dieser Frauen sind Nichtweiße und sie regieren nicht etwa die Demokratien
des Westens, sondern die Demokratien des Globalen Südens. Ausgerechnet die
Geburtsländer der modernen Demokratie, die USA und Frankreich, haben noch
nie eine Präsidentin gehabt. Die Weltmacht Russland ebenfalls nicht. Und in
Ländern wie Großbritannien und Deutschland sind Regierungschefinnen noch
immer die Ausnahme.
Kurz: Männer regieren die Welt, weiße Männer haben die Macht.
Wie kommt es? Einen Hinweis kann man dieses Jahr zum Beispiel in den USA
finden, wo im November Hillary Clinton die Statistik zugunsten von Frauen
wieder etwas aufbessern könnte. In den Umfragen sind sie und ihr
rechtspopulistischer Konkurrent Donald Trump fast gleichauf. Eine
gestandene Politikerin mit jahrzehntelanger Erfahrung liefert sich ein
Kopf-an-Kopf-Rennen mit [10][einem rassistischen Armenfeind], [11][einem
schlechten Geschäftsmann], mit [12][wahnwitzigen politischen Ideen] und
[13][Widersprüchen ohne Ende].
Das Einzige, was offenbar das alles vor dem Wahlvolk ausgleichen kann?
Trump ist ein weißer Mann. Und so ist es auch kein Wunder, dass die
bisherige Opposition in Brasilien sich mit einem absurden Slogan auch
[14][an ihn wandte]: „Trump gewinne und hilf Brasilien“.
19 May 2016
## LINKS
[1] http://www.facebook.com/telesurenglish/photos/a.492297374247003.1073741828.…
[2] /!5301596
[3] /!5296182/
[4] http://twitter.com/andretrig/status/730809989183488000
[5] http://www.nytimes.com/2015/03/24/opinion/vanessa-barbara-in-denial-over-ra…
[6] http://news.vice.com/article/while-murders-of-black-women-in-brazil-rise-sh…
[7] http://veja.abril.com.br/noticia/brasil/bela-recatada-e-do-lar
[8] http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_elected_or_appointed_female_heads_of_g…
[9] http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_elected_and_appointed_female_heads_of_…
[10] http://www.washingtonpost.com/politics/inside-the-governments-racial-bias-…
[11] http://fortune.com/2015/08/20/donald-trump-index-funds/
[12] http://www.youtube.com/watch?v=vU8dCYocuyI
[13] http://www.politico.com/magazine/story/2016/05/donald-trump-2016-contradic…
[14] http://www.quora.com/Why-are-Brazilians-asking-for-help-of-Donald-Trump-ag…
## AUTOREN
Lalon Sander
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