| # taz.de -- Kommentar Rousseffs Suspendierung: Den Rechtsstaat ausgeblendet | |
| > Die Elite in Brasilien erträgt es nicht, ihre Macht mit Gewerkschaftern | |
| > und Landlosen zu teilen. Deswegen musste Rousseff gehen. | |
| Bild: Protest gegen die Absetzung Rousseffs in Porto Alegre | |
| Alle haben es erwartet, und doch ist es nur schwer zu fassen. Brasilien hat | |
| eine neue Regierung, die das Gegenteil dessen postuliert, wofür die soeben | |
| abgesetzte Präsidentin Dilma Rousseff im Oktober 2014 gewählt wurde. Die | |
| neuen Machthaber wurden nicht gewählt, halten sich aber für legitim, weil | |
| Rousseff Verbrechen begangen haben soll. | |
| Sind ihre 54 Millionen Wählerstimmen damit auch ungültig? Weit über zwei | |
| Drittel im Senat und im Parlament haben für die Amtsenthebung der ersten | |
| Frau im höchsten Staatsamt gestimmt. Der breite Konsens auch in der | |
| Bevölkerung gegen Rousseff und ihre Arbeiterpartei wirkt wie eine | |
| kollektive Hysterie. | |
| Es ist zu spüren, dass allen egal ist, dass die monierten Haushaltstricks | |
| nicht der wirkliche Grund ihrer Suspendierung sind. Die Verfassung und der | |
| demokratische Rechtsstaat wurden kurzerhand ausgeblendet, da sie nicht | |
| vorsehen, eine unbeliebte Präsidentin loszuwerden. | |
| Man wollte Rousseff aus ganz anderen Gründen absetzen: Die mächtigen | |
| Seilschaften haben schon lange die Nase voll von der seit 13 Jahren | |
| regierenden Arbeiterpartei, die zwar nur in Ansätzen eine andere, | |
| gerechtere und sozialere Politik verfolgt, aber eben nicht zum Kreis der | |
| Mächtigen und Reichen dazugehört. | |
| Die Elite, die in Brasilien in der rassistischen Tradition der | |
| Sklavenhaltergesellschaft und der Militärdiktatur steht, erträgt es nicht, | |
| ihre Macht mit Gewerkschaftern und Landlosen zu teilen. Sie wollen nicht, | |
| dass Quoten Armen und Schwarzen den Zugang zu den Universitäten | |
| erleichtert, und es gefällt ihnen auch nicht, wenn weniger fein gekleidete | |
| Herrschaften die Flughäfen frequentieren. | |
| Dramatisch ist, dass Brasilien als Regionalmacht und fünftgrößtes Land der | |
| Welt zeigt, dass es durchaus möglich ist, Wahlen zu umgehen und scheinbar | |
| legal an die Macht zu gelangen. Es sind nicht einmal mehr Militärs nötig, | |
| um unliebsame Regierungen abzusetzen. | |
| 13 May 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Behn | |
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