# taz.de -- Kommentar Lage der Linkspartei: Der hohe Preis der Stabilität | |
> Die Linke hat für die Post-Gysi-Ära eine tragfähige innere Architektur | |
> gefunden. Doch intellektuell und politisch ist sie beinahe | |
> bewegungsunfähig. | |
Bild: Ko-Voristzender einer erstarrten Partei: Bernd Riexinger | |
Es gibt zwei gute Nachrichten für die Linkspartei: Sie ist stabil. Und sie | |
kann auch ohne die charismatischen Überväter Gregor Gysi und Oskar | |
Lafontaine existieren. Die überstrahlten lange die Schwächen der Partei – | |
das graumäusige Hausbackene im Osten, die stählerne Linksorthodoxie im | |
Westen. | |
Die Partei hat auch ohne die beiden Leitfiguren eine tragfähige innere | |
Architektur entwickelt. Viele haben begriffen, dass ein Sieg der Realos | |
über die Fundis und vice versa in Selbstzerstörung enden könnte. Nun | |
herrscht zwischen den Flügeln kalter Waffenstillstand. Perfekter Ausdruck | |
dieser Koexistenz ist das Duo Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht, das | |
weitgehend unfallfrei funktioniert. So bleibt zusammen, was nicht unbedingt | |
zusammengehört. | |
In Magdeburg haben die GenossInnen nun brav und begeisterungslos ihre | |
Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger wiedergewählt. Es gab keine | |
Zerwürfnisse, aber auch keine zündenden neuen Ideen. Man verwaltet das | |
Image Protestpartei. Eine schlüssige Strategie gegen die Erfolge der AfD? | |
Fehlanzeige. | |
Die Stabilität hat einen hohen Preis – nämlich intellektuelle und | |
politische Bewegungsunfähigkeit. Diese Erstarrung ist derzeit am ehesten an | |
Katja Kipping ablesbar. Die Linksparteichefin wirkte früher offen auch für | |
parteiferne Milieus, beherrschte eine lebensweltliche Sprache ohne | |
Politstanzen und wagte es auch mal, die schräge Putin-Verehrung der | |
Genossen zu kritisieren. Jetzt beschimpft sie die SPD als opportunistisch | |
und „Totalausfall“ und warnt vorsorglich vor Anpassung an Rot-Grün. | |
## Negative Fixierung auf die SPD | |
Dass auch die undogmatische Kipping die negative Fixierung auf die SPD | |
stützt, ist ein trostloses Zeichen. Die Linkspartei bekriegt die SPD | |
lieber, als sie klug und pragmatisch von links unter Druck zu setzen. Damit | |
ist Rot-Rot-Grün für 2017 vom Tisch. | |
Wer Koalitionspartner in spe zum Grund allen Übels erklärt, will keine | |
Koalition. Die Linkspartei ist regierungsunfähig, weil mit Rot-Rot-Grün der | |
sorgsam stillgelegte Flügelstreit sofort aufbrechen würde. Doch zum grob | |
geschnitzten Linkspopulismus von 2005 führt auch kein Weg zurück. Dafür | |
sind die Genossen, vor allem im Osten, zu etabliert. | |
Zu erschöpft für kraftvollen Protest, zu ängstlich, um ein rot-rot-grünes | |
Lager aufzuschlagen – zwischen diesen Polen bewegt sich die Linkspartei. | |
Viel Spielraum ist da nicht. | |
29 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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