# taz.de -- Bauprojekt Möckernkiez: Genossenschaft sucht Zocker | |
> Die Gelder für das Bauprojekt Möckernkiez fließen erst, wenn für fast | |
> alle Wohnungen Mieter gefunden wurden, die einen Teil der Baukosten | |
> selbst vorstrecken. | |
Bild: In der Schwebe: Am Rand des Gleisdreieckpark soll eigentlich ein barriere… | |
Einen Kredit haben die Leute vom Bauprojekt Möckernkiez nach wie vor nicht | |
sicher. Trotzdem sucht die Kreuzberger Genossenschaft jetzt nach neuen | |
MitstreiterInnen. Die beteiligten Banken sind nach Angaben des Vorstands | |
zwar bereit, der Genossenschaft das nötige Geld zu leihen. Es soll aber | |
erst ausgezahlt werden, wenn für 95 Prozent aller zukünftigen Wohnungen im | |
Bauprojekt Mieter gefunden wurden. Das ist auch eine finanzielle Frage: Die | |
Mieter müssen einen Teil der Baukosten selbst vorstrecken. Wer etwa später | |
eine 100-Quadratmeterwohnung beziehen möchte, muss vorab 92.000 Euro | |
überweisen. | |
Der Möckernkiez am Gleisdreieckpark war als Gegenmodell geplant: Statt | |
privaten Investoren das Bauen zu überlassen, gründeten AnwohnerInnen eine | |
Genossenschaft. Sie legten Geld zusammen und kauften das drei Hektar große | |
Grundstück an der Yorckstraße. Dort soll ein barrierefreies Ökoviertel mit | |
464 Wohnungen entstehen. | |
Die Genossenschaft begann mit dem Bau aus eigenen Mitteln, obwohl noch kein | |
Kreditvertrag abgeschlossen war. Weil die Banken absprangen, musste die | |
Baustelle im Herbst 2014 stillgelegt werden. 128 Millionen Euro kostet das | |
Projekt insgesamt. Davon kann die Genossenschaft 43 Millionen aus | |
Eigenkapital bestreiten, der Rest muss durch Fremdmittel finanziert werden. | |
Schon lange verhandelt der Vorstand mit verschiedenen Banken. Weil die | |
Geldhäuser mehr Sicherheit forderten, wurden die zukünftigen Mieten bereits | |
deutlich erhöht – auf im Schnitt 11 Euro pro Quadratmeter kalt. Jetzt | |
sollen rund 90 noch freie Wohnungen vergeben und damit zirka fünf Millionen | |
Euro in die Kassen der Genossenschaft gespült werden. | |
## Das Projekt steht auf der Kippe | |
Die Frage ist nur: Wer steckt sein Geld in ein Bauprojekt, das auf der | |
Kippe steht? Tritt man irgendwann wieder aus der Genossenschaft aus, | |
bekommt man zwar das Geld zurück. Scheitert das Projekt, aber nur zum Teil. | |
„Wer sich heute bewirbt, geht das Risiko ein, dass wir die Finanzierung | |
nicht kriegen“, räumt Vorstand Frank Nitzsche ein. Allerdings stünden | |
derzeit noch viele Wohnungen zur Wahl. Wenn erst die Finanzierungszusage | |
vorliege, seien die guten Wohnungen vielleicht bereits weg. Nitzsche betont | |
auch, dass nicht der Kreditvertrag selbst, sondern die Ausschüttung der | |
Gelder an die Wohnungsvergabe geknüpft sei. Spätestens nach der | |
Unterzeichnung eines solchen Vertrags sollte das Vertrauen in die | |
Genossenschaft wieder hergestellt sein. | |
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, Bola Olalowo, hält es für | |
problematisch, dass der Möckernkiez so schwer an einen Kredit kommt. „Der | |
natürliche Partner für den Möckernkiez wäre die Investitionsbank Berlin“, | |
sagt Olalowo. Er ist sich sicher: In anderen Bundesländern hätte die | |
Genossenschaft längst eine Finanzierung über die Landesbank gekriegt. „Es | |
geht schließlich nicht darum, Geld zu verschenken, sondern einen Kredit zu | |
vergeben.“ | |
Mit 11 Euro pro Quadratmeter sei der Möckernkiez sicherlich kein sozialer | |
Wohnungsbau. Doch auch im mittleren Segment brauche Berlin Wohnraum. | |
Genossenschaften hätten den Vorteil, dass ihre Mieten langfristig stabil | |
blieben. Olalowo ist der Meinung: „Das Land Berlin müsste | |
genossenschaftliche Bauprojekte grundsätzlich besser unterstützen.“ | |
2 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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