| # taz.de -- Papstbesuch bei Flüchtlingen auf Lesbos: Tränen und Solidarität | |
| > Franziskus mahnt zur Menschlichkeit, während wieder neue Geflüchtete die | |
| > griechischen Inseln erreichen. Zwölf Menschen erhalten Asyl vom Vatikan. | |
| Bild: Willkommen am Flughafen von Lesbos | |
| Lesbos taz | Vieles wurde noch ausgebessert und verschönert, bevor der | |
| Papst am Samstag auf der Insel Lesbos eintraf. „Aktion Besen“ nannte man | |
| den Versuch, die unmenschlichen Zustände etwas besser aussehen zu lassen, | |
| in denen tausende Flüchtlinge ausharren müssen. Selbst die Außenmauern des | |
| Flüchtlingscamps Moria wurden noch weiß getüncht. Dort traf der Papst am | |
| Samstagmorgen ein. | |
| Zuvor wurde er vom griechischen Ministerpräsident Alexis Tsipras am | |
| Flughafen in Empfang genommen und von ihm und dem griechisch-orthodoxen | |
| Patriarchen Bartholomaios I sowie dem orthodoxen Erzbischof Hieronymus II | |
| nach Moria begleitet. Insgesamt fünf Stunden dauerte der Besuch auf Lesbos. | |
| „Hilf den Menschen“, „Papst ist Hoffnung“ und Willkommensschilder werden | |
| von den Flüchtlingen bei der Ankunft in Moria hochgehalten. Hände reckten | |
| sich ihm entgegen, immer wieder streichelte er über Kinderköpfe, nimmt | |
| einen Säugling in den Arm. „Ich möchte mich mit den Flüchtlingen | |
| solidarisch zeigen“, sagte er. | |
| Ein junger Mann bricht vor ihm in Tränen aus, bittet immer wieder | |
| verzweifelt um seinen Segen. Ein etwa 10jähriges Mädchen wirft sich | |
| schluchzend vor ihm auf den Boden. Gemeinsam mit neun ausgewählten | |
| Flüchtlingen isst der Papst dann zu Mittag. | |
| ## Mehr Solidarität | |
| Zwar betonte der Vatikansprecher Pater Federico Lombardi, dass der Besuch | |
| des Papstes nicht als Kritik an der EU und ihrer Flüchtlingspolitik zu | |
| verstehen sei, sondern als humanitärer und ökumenischer Akt zu werten sei. | |
| Doch bereits im Jahr 2013 stattete Franziskus der Insel Lampedusa einen | |
| ähnlichen Besuch ab. Er betrauerte die Menschen, die auf ein besseres Leben | |
| hofften und auf ihrer Überfahrt von Nordafrika nach Europa ertranken. Schon | |
| damals forderte der Papst weltweit mehr Solidarität mit den Flüchtlingen. | |
| „Heute möchte ich aus bekümmertem Herzen erneut an die Verantwortung und | |
| die Solidarität appellieren angesichts einer so dramatischen Situation“, so | |
| Franziskus. | |
| Auch auf der Überfahrt von der Türkei auf die griechischen Inseln kamen | |
| zahlreiche Flüchtlinge ums Leben – darunter viele Kinder. Diejenigen, die | |
| die Überfahrt schaffen, werden seit dem 20. März direkt in Flüchtlingslager | |
| gebracht. Denn seitdem greift das EU-Türkei-Abkommen: Für jeden Flüchtling, | |
| der illegal in die EU einreiste und in die Türkei zurückgebracht wird, soll | |
| die EU einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufnehmen. Alle, die keine | |
| Chance auf Asyl in der EU haben, werden aus Griechenland abgeschoben – | |
| bisher 325 Menschen. | |
| Trotzdem kommen noch immer Flüchtlinge über die Ägäis: allein am Samstag | |
| erreichten etwa 125 Menschen die griechischen Inseln. Tausende Flüchtlinge | |
| sind verzweifelt. Man dürfe „nie vergessen, dass sie an erster Stelle nicht | |
| Nummern, sondern Personen sind, Gesichter, Namen und Geschichten“, betonte | |
| der Papst. Immer wieder lobte er die Solidarität der griechischen | |
| Bevölkerung und der zahlreichen HelferInnen, die aus aller Welt auf die | |
| Inseln kamen. | |
| Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras wertete den Besuch des | |
| Papstes als historisch – und als Möglichkeit, erneut die Notwendigkeit zu | |
| betonen, legale Fluchtwege für Menschen aus Kriegs-und Konfliktzonen zu | |
| öffnen. Der als unkonventionell geltende Papst ging mit gutem Beispiel | |
| voran. Er hatte zuvor angekündigt, einige Flüchtlinge direkt mit nach Rom | |
| zu nehmen. 12 Flüchtlinge dreier syrischer Familien stiegen mit ihm ins | |
| Flugzeug nach Rom. Alle anderen bangen weiter: Am Montag sollen die | |
| Abschiebungen in die Türkei aus dem Hafen von Mytilene weitergehen. | |
| 16 Apr 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Theodora Mavropoulos | |
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