# taz.de -- Internet-Stiftung ohne Frauen: Männerfestspiele, immer noch | |
> Eine neue Stiftung will die deutsche Internetwirtschaft fördern. Im | |
> Beirat sitzt viel Prominenz – nur keine weibliche. | |
Bild: Im Bereich Informationstechnik sind Frauen oft allein unter Männern | |
BERLIN taz | Sie will Asien und Amerika den Kampf ansagen: Die gerade in | |
Berlin gegründete [1][Stiftung Internet Economy Foundation (IEF)] will die | |
deutsche Internetwirtschaft pushen, um das Feld nicht einzig den | |
asiatischen und amerikanischen Hightech-Freaks zu überlassen. So soll die | |
IEF beispielsweise herausfinden, wie die Internetwirtschaft hierzulande | |
besser finanziell ausgestattet werden kann. | |
Ein großes Ziel. Um das zu erreichen, ist der Stiftungsrat der IEF | |
hochkarätig besetzt. Da ist zum Beispiel Robert Gentz, Mitgründer von | |
Zalando, einem der weltweit größten Online-Händler. Und Ralph Dommermuth, | |
der den Internetdienstanbieter 1&1 gegründet hat. Oliver Samwer von Rocket | |
Internet ist mit von der Partie, zu seinem Unternehmen gehört Zalando. | |
Dabei ist auch René Obermann, der mal Vorstand bei der Telekom war. Selbst | |
der CDU-Politiker Friedbert Pflüger mischt mit. | |
Acht Männer. Acht Experten. Und keine einzige Frau. Wie kann das sein in | |
Zeiten, in denen die Gleichstellung von Frauen und Männern an der | |
Tagesordnung ist? Und in einem Land, das seit über einem Jahr [2][ein | |
Quotengesetz hat]? | |
„Ich bedauere es selbst, dass wir im Stiftungsrat keine Frau haben“, sagt | |
Clark Parsons, Geschäftsführer der IEF und Unternehmensberater. Hat die | |
Stiftung Frauen erst gar nicht auf dem Schirm gehabt? Schlichtweg | |
vergessen? | |
„Ein Unternehmen ohne Frauen an der Spitze ist nicht mehr zeitgemäß“, | |
findet Cathleen Berger, Internetexpertin im Londoner Internetunternehmen | |
Global Partners Digital: „Auch nicht im IT-Bereich.“ | |
## Frauen kommen im IT-Kosmos oft nicht vor | |
Frauen sind im Internet genauso unterwegs wie Männer. Sie kaufen Bücher, | |
Jeans und Zugtickets, generieren Wissen und sind in sozialen Netzwerken | |
aktiv. Sie bloggen, [3][so wie die Politikwissenschaftlerin, Übersetzerin | |
und Journalistin Antje Schrupp]. So wie die Politologin und | |
Extremismusforscherin Anne Roth. So wie die Kulturwissenschaftlerin und | |
Journalistin Mercedes Bunz. So wie Anne Wizorek, die mit dem Hashtag | |
#aufschrei eine neue Sexismusdebatte entfacht hat. So wie die | |
Designforscherin und Professorin Gesche Joost, die als sogenannte | |
Internetbotschafterin den digitalen Wandel in Deutschland vorantreiben soll | |
– dazu hat sie die Bundesregierung ernannt. Im Bundestagswahlkampf 2013 war | |
sie im SPD-Team Expertin für Netzpolitik. Die Liste ließe sich fortsetzen. | |
Trotzdem sind Start-ups, Firmen mit einer innovativen Geschäftsidee, die | |
schnell wachsen wollen, nach wie vor „Männerfestspiele“, sagt eine | |
IT-Spezialistin, die in einem Berliner Start-up arbeitet. Sie will anonym | |
bleiben, weil sie Nachteile in ihrer Firma fürchtet, wenn sie offen redet. | |
Die Männer kämen gar nicht auf die Idee, nach Frauen zu schauen, sondern | |
werben in ihrer eigenen Klientel den Nachwuchs an, sagt sie. Oder um es | |
zugespitzt zu formulieren: Frauen kommen in ihrem Kosmos nicht vor. | |
Und so ist die IT-Wirtschaft global und in Deutschland männlich dominiert. | |
Einer [4][Statistik des Digitalverbandes zufolge] beträgt der Frauenanteil | |
in der deutschen IT-Branche rund 15 Prozent. | |
## Seilschaften und Familienplanung – triftige Gründe? | |
An Interesse von und Potenzial an Frauen mangelt es in dem Metier indes | |
nicht, weiß Berger: „Die Zahl der talentierten, intelligenten, engagierten | |
und überaus interessierten Frauen wächst.“ Die Diskrepanz zwischen | |
weiblicher und männlicher Mitarbeiterzahl sei in der IT- und Start-up-Szene | |
allerdings so immens, weil Investitionen und Unternehmungen mit „hoher | |
Risikobereitschaft, Wagniskapital und keinerlei Jobsicherheit einhergehen“, | |
sagt Berger. | |
Bei der Jobvergabe fiele die Wahl dann in der Regel auf jene Männer, die | |
von ihren Bekannten empfohlen wurden. „Die männlichen Netzwerke | |
funktionieren an dieser Stelle gut“, sagt Berger. Zudem würden die meisten | |
Start-ups in einer Zeit gegründet, in der Paare eine Familie gründen | |
wollten. Das sei vor allem für die Frauen schwierig, hat Berger erfahren: | |
„Das Bild der ‚Karrierefrau‘, die alles auf einmal haben will, ist nach w… | |
vor selten positiv besetzt.“ | |
Die IEF-Stiftung sei nicht [5][als reiner Männerverein geplant], versichert | |
Geschäftsführer Parsons: „Wir werden den Stiftungsrat sicherlich erweitern, | |
und wir hoffen, dass dann auch Frauen mitmachen wollen.“ | |
Parsons weiß, wie schwer es Mädchen und Frauen in dem Metier haben. Seine | |
7-jährige Tochter geht in eine sogenannte digitale Werkstatt. Dort lernt | |
sie unter anderem, sich sicher im Internet zu bewegen. Sie ist das einzige | |
Mädchen in der Gruppe. | |
27 Apr 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ie.foundation/ | |
[2] /!5026399/ | |
[3] https://antjeschrupp.com/ | |
[4] https://www.bitkom.org/Themen/Standort-Deutschland/Bildung-Arbeit/Inhaltsse… | |
[5] /!5260890/ | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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