# taz.de -- Umsatzzahlen von Air Berlin: Eine Airline, so pleite wie Berlin | |
> Jeder dritte Berliner Passagier fliegt mit Air Berlin, der BER wird auf | |
> die Airline angewiesen sein. Doch der geht es schlecht. Wie schlecht, | |
> zeigt sich am Donnerstag. | |
Bild: Hebt sie mal wieder richtig ab? Air Berlin ist in der Krise | |
Air Berlin geht es schlecht. Wie schlecht, wird die an diesem Donnerstag | |
fällige Bilanz des vergangenen Jahres zeigen. Experten schätzen, dass die | |
arabische Fluggesellschaft Etihad, die 30 Prozent der Anteile an Air Berlin | |
hält, in den vergangenen Jahren bereits bis zu einer Milliarde Euro in das | |
Unternehmen gesteckt hat. Das Nettoergebnis von Air Berlin in den ersten | |
neun Monaten 2015 war mit einem Minus von mehr als 190 Millionen Euro | |
tiefrot, die Verschuldung riesig. Nun muss Vorstandschef Stefan Pichler mit | |
seinem Sanierungskurs auch mal Anzeichen für eine Trendwende erkennen | |
lassen. | |
Berlin und Brandenburg haben ein besonders starkes Interesse an einer | |
gesunden Air Berlin. Denn ohne den Großkunden des neuen Flughafens BER | |
geriete dessen Kalkulation wohl neuerlich ins Wanken. An Spekulationen über | |
die wirtschaftliche Situation des Unternehmens werde er sich nicht | |
beteiligen, sagt Flughafen-Chef Karsten Mühlenfeld. Die Statistik | |
verdeutlicht die Bedeutung des Unternehmens. 2015 stiegen in Tegel und | |
Schönefeld fast zehn Millionen Passagiere in die Flugzeuge mit dem roten | |
Signet. Der Marktanteil von Air Berlin liegt in der Hauptstadt bei 30 | |
Prozent. „Entsprechend ist es uns ein Anliegen, diesen Partner auch | |
langfristig zu halten“, stellt Mühlenfeld fest. | |
Doch wie kam es überhaupt zum Niedergang des 1978 gegründeten, einst so | |
erfolgreichen Ferienfliegers? | |
Auch am Himmel hatte einmal alles eine feste Ordnung. Bis 1987 blieb der | |
Luftraum der europäischen Länder auch weitgehend deren staatseigenen | |
Fluggesellschaften vorbehalten. In Deutschland konnte die Lufthansa so | |
konkurrenzlos Flüge anbieten und dafür auch noch happige Preise verlangen. | |
Das änderte sich mit der schrittweisen Liberalisierung des Marktes bis | |
1997. Alle europäischen Airlines dürfen seither alle europäischen Ziele | |
ansteuern. Damit fiel auch der Startschuss für den Aufstieg der | |
Billigflieger, die den staatlichen Gesellschaften schnell einen harten | |
Wettbewerb lieferten. | |
Solange Air Berlin vor allem auf günstige Verbindungen in die | |
Urlaubsgebiete am Mittelmeer und in der Karibik setzte, war die Welt noch | |
in Ordnung. Doch dann wollte Air Berlin zur Lufthansa aufschließen und auch | |
Geschäftsreisende und Fernflieger erreichen. Es wurde kräftig zugekauft, | |
unter anderem die österreichische Fluglinie Niki. Die Strategie ging nicht | |
auf. So bauten sich zum Beispiel hohe Fixkosten auf, weil die Flotte viele | |
verschiedene Flugzeugmodelle vereinte, was die Wartung erheblich | |
verteuerte. Bei den ertragreichen Geschäftsreisen kam bei Weitem nicht | |
genug heraus, um die Belastungen zu stemmen. Kritiker sehen in dem unklaren | |
Profil einen Grund für den Absturz. | |
Vereinfacht gesagt konnte Air Berlin sich weder für eine Rolle als | |
Billigairline noch für die einer klassischen Fluggesellschaft mit dem Fokus | |
auf ein weit geknüpftes Liniennetz entscheiden. Der Druck von den reinen | |
Billigfliegern Ryanair und Easyjet stieg ebenso an wie der durch die | |
Platzhirschen auf den langen Strecken. | |
Nun will Pichler mit 14 einzelnen Maßnahmen einen Sanierungsplan | |
durchziehen. Einerseits wird nun kräftig gespart, zum Beispiel durch die | |
Konzentration der Flotte auf Maschinen von Airbus. Auch beim Personal, | |
immerhin hat das Unternehmen rund 8.000 Beschäftigte, wird es Einsparungen | |
geben. Näheres wollte Air Berlin auf Anfrage nicht erläutern. | |
Andererseits will Air Berlin das Liniennetz ausbauen und sich dabei auf die | |
einträglichen langen Strecken konzentrieren. Das Angebot vom Drehkreuz | |
Düsseldorf aus in die USA und die Karibik wird ebenso kräftig ausgeweitet | |
wie das in Berlin. Wann die Hauptstadt zu einem Zentrum des | |
Interkontinentalangebots werden wird, ist noch nicht bekannt. Das dürfte | |
auch eine Frage der Kapazitäten für Starts und Landungen liegen. Air Berlin | |
wollte in Schönefeld Größe zeigen und leidet unter der verschobenen | |
Eröffnung des BER erheblich. | |
Luftfahrtexperte Cord Schellenberg ist trotz der Pläne skeptisch. „Air | |
Berlin hat so viel angekündigt“, sagt er, „aber diese Dinge müssen auch | |
einmal umgesetzt werden.“ Zunächst müsse erst einmal Vertrauen in die | |
Handlungsfähigkeit des Unternehmens hergestellt werden. Dazu gehört wohl | |
auch das Verhältnis zum Geldgeber Etihad. Die Araber binden Air Berlin über | |
sogenannte Code-Share-Flüge in ihr weltweites Netz ein. Air Berlin dient | |
hier mit Zubringerflügen in die Emirate. | |
Diese Gemeinschaftsflüge sind umstritten. Erst vor Gericht konnte Air | |
Berlin die Erlaubnis für viele Verbindungen im Sommerflugplan durchsetzen. | |
Denn hier spielt die Politik mit, die Code-Share-Verbindungen genehmigen | |
muss. Politikern ist an einem endgültigen Niedergang des Unternehmens gar | |
nicht gelegen. Neben den vielen damit verbundenen Arbeitsplätzen spiele | |
dabei auch die Angst vor einer neuerlichen Monopolstellung der Lufthansa im | |
innerdeutschen Verkehr eine Rolle, erläutert Schellenberg. Ein politischer | |
Konsens, die der Fluggesellschaft Grund zu Hoffnung geben könnte, die Krise | |
unbeschadet zu überstehen. | |
27 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Mulke | |
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