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# taz.de -- Kommentar EU-Selbstzensur und Türkei: Völkermord, war da was?
> Um sich Erdoğans Wohlwollen zu sichern, wird nun auch noch der Völkermord
> an den Armeniern verschwiegen. Das ist beschämend.
Bild: 23. April, Hauptsache gute Laune: Ahmet Davutoğlu und Besucherin Angela …
Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zufrieden mit der türkischen Regierung.
Erstklassige Arbeit bei der Unterbringung syrischer Flüchtlinge
bescheinigte sie Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu nach [1][ihrem
Kurzbesuch an der syrisch-türkischen Grenze am Samstag]. Auch über
Pressefreiheit wurde bei dem Treffen mit Davutoğlu gesprochen, wie immer
bei solchen Besuchen allerdings ohne konkretes Ergebnis.
Zu Recht schließen die türkischen Kollegen daraus, dass sich Merkels
Engagement für Pressefreiheit und Menschenrechte in der Türkei in engen
Grenzen hält. Aber Merkel und die EU insgesamt tun ja noch weit mehr, um
sich das Wohlwollen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu
erhalten. Sie schweigen nicht nur zum Demokratieabbau in der Türkei, sie
lassen sich auch ihr Verhalten im eigenen Land vorschreiben.
[2][Jüngstes Beispiel ist ein Projekt der Dresdner Sinfoniker]. Die Musiker
haben zusammen mit armenischen und türkischen Kollegen ein Konzert
eingespielt, das der Erinnerung an den Völkermord an den Armeniern gewidmet
ist. Die EU fördert das Projekt finanziell. Auf türkischen Protest hin hat
sie jetzt den Hinweis auf das Projekt von ihren Websites gestrichen – und
das Orchester gebeten, im begleitenden Text den Begriff „Völkermord“ nicht
mehr zu verwenden.
Seit nunmehr 100 Jahren weigert sich die Türkei, die Vernichtung der
Armenier im Osmanischen Reich 1915 als Völkermord anzuerkennen.
Ausgerechnet gestern, am 101. Jahrestag des Völkermordes, wurde die
Selbstzensur der EU bekannt. Zuvor war schon der deutsche Botschafter in
Ankara einbestellt worden, weil Sachsen-Anhalt an seinen Schulen
Unterrichtsmaterial zum Thema Völkermord verteilt hatte. Die Türkei will
seit Langem verhindern, dass an deutschen Schulen über den Völkermord an
den Armeniern gesprochen wird. Bislang ist ihr das auch weitgehend
gelungen.
Noch beschämender: Seit einem Jahr liegt ein Entschließungsantrag auf Eis,
mit dem der Bundestag den Völkermord als historische Tatsache anerkennen
will. Nach dem bisherigen Verhalten der Bundeskanzlerin gegenüber Erdoğan
steht zu befürchten, dass die Resolution auch in diesem Jahr nicht
verabschiedet werden wird. Obwohl sich ausnahmsweise alle Fraktionen einig
sind – und der Schritt historisch lange überfällig ist.
25 Apr 2016
## LINKS
[1] /Angela-Merkel-in-der-Tuerkei/!5298265/
[2] /Konzertprojekt-zu-Genozid-an-Armeniern/!5298335/
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
EU-Flüchtlingspolitik
Schwerpunkt Türkei
Völkermord
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Recep Tayyip Erdoğan
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Jan Böhmermann
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