# taz.de -- Kommentar EU-Gutachten zu Weblinks: Verlinken ohne Reue | |
> Der EuGH muss sich mit Verlinkungen beschäftigen. Das Urteil könnte auch | |
> das deutsche Internetrecht ändern. Ein Gutachten gibt erste Hinweise. | |
Bild: Wie geht es weiter? | |
Am Europäischen Gerichtshof ist ein Fall anhängig, der auch das deutsche | |
Internetrecht verändern könnte – vor allem wenn sich die Lösung durchsetzt, | |
die der unabhängige Generalanwalt jetzt in seinem Schlussantrag vertrat. | |
Konkret geht es um einen Fall aus den Niederlanden. Der TV-Star Britt | |
Dekker ließ sich für den Playboy fotografieren. Doch noch bevor das Heft am | |
Kiosk lag, waren die Dekker-Bilder schon auf einer australischen Webseite | |
zu sehen. Auf diese Quelle verlinkte die niederländische Webseite | |
[1][geenstijl.nl] (übersetzt: „Kein Stil“), wogegen der Playboy-Verlag | |
prozessierte. | |
Dass die australische Webseite das Urheberrecht des Playboy verletzt hat, | |
ist nicht umstritten. Der EuGH muss nun aber klären, ob auch geenstijl mit | |
seinem Link rechtswidrig handelte. | |
Der Generalanwalt schlägt eine einfache Auslegung des EU-Rechts vor: Die | |
Urheberrechtsverletzung begehe nur der, der das geschützte Werk unerlaubt | |
zugänglich macht. Hierfür genüge ein Link nicht. Dieser erleichtere es | |
zwar, die Seite mit der Urheberrechtsverletzung zu finden. Öfffentlich, das | |
heißt für jeden abrufbar, wäre deren Inhalt aber auch ohne einen Link. Auf | |
die Intention des Linksetzers komme es nicht an, so der Generalanwalt. | |
Schließlich soll das Internet praktikabel bleiben. | |
Man könnte meinen, hier spräche ein Pirat. Die deutsche Justiz ist da | |
bisher nicht so liberal. Beim Bundesgerichtshof kommt es noch darauf an, ob | |
sich der Linksetzer den verlinkten Inhalt zu eigen macht. Wenn ja, dann | |
haftet er mit. Das wirft natürlich die Frage auf, wann man sich eigentlich | |
einen den verlinkten Inhalt zu eigen macht. Genügt eine formelhafte | |
Distanzierung, wie sie häufig noch auf Websites zu finden ist? | |
So schwierig ist die Unterscheidung allerdings auch wieder nicht. Wenn | |
jemand gezielt auf eine Seite gelockt wird, weil es dort Inhalte gibt, für | |
die er andernorts zahlen müsste, dann wird das aus dem Gesamzusammenhang | |
meist deutlich. Andererseits soll natürlich niemand auf Links verzichten, | |
nur weil unsicher ist, ob alle Texte, Illustrationen und Photos auf der | |
Zielseite urheberrechtlich sauber sind. Um niemand unnötig einzuschränken, | |
würde es genügen, wenn die Gerichte das Prinzip „im Zweifel für die | |
Linkfreiheit“ anwenden. | |
Ein völliges Freistellen von Verantwortung lädt dagegen zum Missbrauch | |
geradezu ein, etwa wenn der Urheberrechtsverletzer und der Linksetzer unter | |
einer Decke stecken und sich die Werbeeinnahmen teilen, die mit einer | |
verlinkten illegalen Seite erzielt werden können. | |
Der Schutz des Urheberrechts gilt natürlich nicht nur für Nacktfotos, | |
sondern auch für Kunstpostkarten, Romane und Indie-Rocksongs. Es gibt | |
genügend Inhalte, die auch diejenigen für schützenswert halten, die wenig | |
Sympathie für den Playboy empfinden. | |
8 Apr 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.geenstijl.nl/ | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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