# taz.de -- Werbeagentur über Zukunft der SPD: „Einfach gar nicht präsent s… | |
> Nach der Wahl in Baden-Württemberg sucht die SPD nach Wegen aus der | |
> Krise. „Wählerdemobilisierung“, schlägt ihre Agentur vor. | |
Bild: An ihm soll es nicht gelegen haben: SPD-Landesvorsitzender Nils Schmid na… | |
Er ist ein harter Schlag für die SPD gewesen. Mehr als zehn Prozent hat die | |
Partei bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg verloren. Nicht nur die | |
PolitikerInnen suchen nach Wegen aus der Krise. Auch die | |
Kommunikationsagentur Network Media GmbH, die die SPD 14 Monate durch den | |
Wahlkampf begleitet hat, will aus der Niederlage lernen. Geschäftsführerin | |
Nicole Stelzner und Strategieberater Mario Münster haben nun ein | |
[1][Thesenpapier] mit sechs Strategien ausgearbeitet. Darin geben sie der | |
SPD ungewöhnliche Tipps für die Zukunft. | |
taz: Frau Stelzner, Sie raten der SPD dazu, WählerInnen in Zukunft zu | |
demobilisieren? Wie ist das denn gemeint? | |
Nicole Stelzner: In Baden-Württemberg haben 360.000 Wähler mehr als bei der | |
vergangenen Wahl gewählt. Davon gingen 209.000 Stimmen an die AfD. Ähnlich | |
war das in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz. Zwei Drittel der vorherigen | |
Nicht-Wähler sind nur wegen der AfD zur Wahl gegangen. Das kann man als | |
Agentur, die Wahlkämpfe führt, nicht ignorieren. Wir müssen nun mit | |
gezielter Forschung herausfinden: Wo sitzen diese Wähler, die, wenn man sie | |
mobilisiert, Protestparteien wie die AfD wählen. | |
Wie sieht eine Demobilisierung von Wählern aus? | |
Wir wollen natürlich nicht aktiv Leute daran hindern wählen zu gehen. Aber | |
Parteien haben im Wahlkampf nur gewisse Ressourcen zur Verfügung. Da muss | |
man sich eben überlegen, ob man bestimmte Bezirke oder Viertel rauslässt | |
oder in spezielle Regionen keine Ressourcen steckt: Kein Geld, keine | |
Hausbesuche, keine Plakate, keine Wahlkampfveranstaltungen. Einfach gar | |
nicht präsent sein. | |
Und dann? | |
Wir brauchen mehr qualitative Forschung: Zahlen, Daten, Fakten sammeln und | |
schauen, wie wir Ressourcen in Form einer Summe X besser verteilen können. | |
Parteien neigen dazu, da zu sparen. Ich rate vielmehr, dass man etwa in | |
bestimmten Bezirke keine Flyer mehr verteilt und dort einfach alle | |
Maßnahmen weglässt. | |
Die höchste Wahlbeteiligung seit 1988 war für die SPD in Baden-Württemberg | |
also kein Grund zu Freude. | |
In der Vergangenheit hat sich eine hohe Wahlbeteiligung für die SPD immer | |
ausgezahlt. Das ist jetzt laut unserer Analyse zum ersten Mal nach hinten | |
losgegangen. Die mobilisierten Nicht-Wähler haben AfD gewählt. | |
Ist die Annahme, dass WählerInnen aus dem Mitte-Links-Spektrum immer aufs | |
Neue mobilisiert werden müssen, damit hinfällig? Mobilisierung und | |
gleichzeitige Nicht-Mobilisierung. Das klingt ja etwas paradox. | |
Es geht um gezielte Mobilisierung. Man muss genau gucken, wo die | |
Zielgruppen und Milieus sitzen, die für die SPD mobilisierbar sind: Junge | |
Leute in urbanen Zentren etwa. Die Partei sollte nicht mehr auf pauschale | |
Strategien setzen. | |
Damit schließt man gewisse Bevölkerungsgruppen ja von vornherein aus. Das | |
klingt nicht nach Volkspartei. | |
Ich glaube schon, dass die SPD AfD-Wähler wieder zurückgewinnen kann. Nicht | |
bei allen ist Hopfen und Malz verloren. Aber das wird aufwändig. Trotzdem | |
sollte die SPD den Anspruch haben, eine Volkspartei zu sein, und versuchen, | |
diese Wähler wieder zurückzuholen. Aber das klappt eben nicht durch bloße | |
Diffamierung der AfD. Man muss sie argumentativ und inhaltlich stellen. | |
Wie hat die baden-württembergische SPD auf Ihre Tipps für die Zukunft | |
reagiert? | |
Wir haben die SPD am 13. März durch den Wahlabend begleitet. Schon da haben | |
wir einiges zusammen besprochen. Immerhin haben wir 14 Monate sehr eng | |
zusammengearbeitet. Aber dieses Papier ist das Ergebnis unserer Arbeit, | |
unserer Reflexion für die potentielle zukünftige Kampagnen. | |
Unter Punkt 1, „Mehr Gefühl wagen!“, raten Sie dazu, in Zukunft „Personen | |
in den Vordergrund zu stellen“. Was ist mit Nils Schmid als | |
Spitzenkandidaten in Baden-Württemberg schief gelaufen? | |
Mit Nils Schmid ist nichts schief gelaufen. Bei Kretschmann ist einfach | |
alles super gelaufen. Da war nichts zu machen. Kretschmann hatte eine sehr | |
gute Kampagne, war medial überpräsent und ein Sympathieträger. Wir haben | |
versucht den Spitzenkandidaten in den Mittelpunkt der Kampagne zu stellen | |
und ihn als Person stattfinden lassen. Er ist ein interessanter, moderner | |
Typ mit Patchworkfamilie und türkischstämmiger Ehefrau. Trotz dieser | |
spannenden Biografie war im Wahlkampf wenig Platz für ihn. Es ist einfach | |
untergegangen im Duell zwischen Wolf und Kretschmann. | |
1 Apr 2016 | |
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## AUTOREN | |
Hannah Weiner | |
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