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# taz.de -- Parteitag der Linken: Links sein ist kein Ponyhof
> Am Wochenende entschied die Linke über Wahlprogramm und
> KandidatInnenliste. Die Wahlergebnisse für die Führungsriege fielen eher
> schlecht aus
Bild: Klaus Lederer wurde abgestraft.
„Ist doch alles schön!“, kommentierte Klaus Lederer am Samstag seine Wahl
zum Spitzenkandiaten der Berliner Linken. Da hatte er mit 68,3 Prozent ein
Ergebnis erhalten, das andere Parteien kaum als Erfolg eines
Spitzenkandidaten und Parteichefs werten würden. Auch Udo Wolf, auf Platz 4
der Landesliste, kommentierte seine 62,4 Prozent mit: „Alles gut!“ Exakt
die gleiche Stimmenquote habe er bei den letzten Kandidatenwahl 2011 auch
bekommen, sagte der Fraktionsvorsitzende.
Auch andere Spitzenkräfte aus der aktuellen Abgeordnetenriege der Linken
fuhren bei den Nominierungswahlen der Partei am Wochenende in Adlershof
schlechte Ergebnisse ein. Stadtentwicklungspolitikerin und ehemalige
Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Katrin Lompscher
sowie Arbeits- und Sozialexpertin Elke Breitenbach und Finanz- und
Haushaltspolitikerin Manuela Schmidt kamen nicht über 70 Prozent. Besser
erging es Harald Wolf, einst Wirtschaftssenator, heute Sprecher der
Linksfraktion für Verkehr und Energiepolitik. 78,7 Prozent bekam er auf
Listenplatz 6. Carola Bluhm, einst Senatorin für Integration, Arbeit und
Soziales, bekam auf Platz 5 73,8 Prozent. Auch die bildungspolitische
Sprecherin der Fraktion, Regina Kittler (Listenplatz 11), und Familien- und
Jugendpolitikerin Katrin Möller (Listenplatz 17) kamen gut über 70 Prozent.
Spitzenkandidat der Herzen war Flüchtlingspolitiker Hakan Tas, der mit 84,6
Prozent auf Listenplatz 7 das zweitbeste Ergebnis bekam. Der profilierte
Gesundheitspolitiker der Fraktion, Wolfgang Albers, schaffte es dagegen
erst in einer Stichwahl mit knapp 51 Prozent auf den keineswegs sicheren
Listenplatz 18.
Abgestraft werden sollte damit die alte Führungsriege, hieß es am Rande des
linken Wahlmarathons aus Landesparteitag und anschließender
KandidatInnenwahl von Freitag bis Sonntag. Nicht nur um die
KandidatInnenliste hatte es im Vorfeld Ärger gegeben. Die hatte der
Landesvorstand aus Vorschlägen der Bezirksverbände zusammengestellt. Zu
kurz gekommen fühlte sich dabei nicht nur der linke Verband Neukölln. Für
den kandidierte auf Platz 19 der Liste Expiratin Anne Helm – kein Vorschlag
aus der Bezirkspartei. „Ja-Sager“ wolle der Vorstand mit Blick auf eine
mögliche Regierungsbeteiligung nach der Wahl in die Fraktion bringen, hieß
es aus einigen Delegationen.
Das war ein Hinweis auf den zweiten Streitpunkt bei den Linken am
Wochenende. Auch am Wahlprogramm hatte es im Vorfeld Kritik gegeben. Zwar
war eine klare Koalitionsaussage für Rot-Rot oder Rot-Rot-Grün aus einem
ersten Entwurf in der Endfassung durch eine allgemeinere Aussage ersetzt
worden. Diese wurde durch einen – angenommenen – Antrag des Landesvorstands
ergänzt: Die Parteimitglieder sollten am Ende über eine
Regierungsbeteiligung entscheiden. Dennoch hatten linke Linke vor dem
Parteitag die „Sozialdemokratisierung der Linkspartei“ angeprangert. Das
Wahlprogramm sei „auf Regierung gepolt“ und mache zu viele Zugeständnisse
an mögliche Koalitionspartner.
Koalitionsentscheidungen würden nach der Wahl auf der Basis von Inhalten
getroffen, konterte Klaus Lederer in seiner Antrittsanrede. Er halte es für
falsch, einen reinen Oppositionswahlkampf zu führen. „Aus Angst vor dem Tod
Selbstmord zu begehen, ist auch keine Lösung“, so der Landeschef. Man traue
der Linken wieder etwas zu – die Partei liegt nach Umfragen bei gut 14
Prozent der Wählerstimmen nach nur 11,7 Prozent 2011: „Jetzt lasst uns auch
uns etwas zutrauen!“, so Lederer.
Die Linke wolle Berlin verändern: Programmatisch will sie das mit einem
Investitions- und Beschäftigungsprogramm, der Stärkung des Personals im
öffentlichen Dienst, Investitionen und Mietpreisbremsen auf dem
Wohnungsmarkt, einem berlinweiten Bürgerbeteiligungshaushalt und der
Stärkung der direkten Demokratie auch auf bezirklicher Ebene. 500.000
Wohnungen sollen langfristig mietpreisgebunden werden, die
Modernisierungsumlage abgeschafft, Jobcenter sollen Umzüge in preiswertere
Wohnungen nur noch verlangen können, wenn sie selbst nachweisen, dass es
solche auch gibt. Mit einem angenommenen Änderungsantrag, der
Alleinerziehenden die Fortzahlung des Unterhaltsvorschusses über die
bundesrechtlich vorgesehenen sechs Jahre hinaus zusagt, zeigte sich
Sozialpolitikerin Elke Breitenbach zwar „inhaltlich einverstanden“. „Es
wäre mir aber lieber, man rechnete so etwas vorher durch, bevor man es in
einem Wahlprogramm verspricht.“
Nicht angenommen wurde ein Antrag auf Ausweitung der Öffnungszeiten für
Spätis. Den hatte DGB-Landesvorsitzende Doro Zinke auf dem Parteitag als
„neoliberale Idee“ gebrandmarkt. Zustimmung fand dagegen ein Antrag für das
Verbot von Ponykarussels auf Volksfesten.
Bei Debatte und Abstimmung des Wahlprogramms konnte auch die linke Linke
sich mit einigen Änderungsvorschlägen durchsetzen – mit 51 zu 49 Prozent
der Delegiertenstimmen etwa mit der Forderung nach einem generellen
Abschiebestopp statt wie vorgesehen nur einem im Winter. Expiratin Anne
Helm gewann mit 57,1 Prozent der Stimmen aber dennoch ihren Listenplatz.
13 Mar 2016
## AUTOREN
Alke Wierth
## TAGS
Parteitag
Die Linke
Klaus Lederer
Die Linke Berlin
Shitstorm
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Landtagswahlen
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