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# taz.de -- Private Investitionen im Straßenbau: Rendite mit der Autobahn
> Dem Staat fehlt das Geld für Investitionen in Straßen. Die
> „Bodewig-II-Kommission“ ebnet dem massiven Einstieg privater Geldgeber
> den Weg.
Bild: Autobahnen sollen privat finanziert werden. Der Staat muss sie dann teuer…
Berlin taz | Am Dienstag werden die Verkehrsminister der Länder zu einer
Sondersitzung zusammenkommen. Anlass ist die Veröffentlichung des
sogenannten Bodewig-II-Berichts, den sie im vergangenen Sommer in Auftrag
gegeben hatten und der der taz vorliegt. Die Kommission hatte den Auftrag,
Empfehlungen zu erarbeiten, wie das Verkehrsnetz künftig unterhalten und
finanziert werden kann.
Herausgekommen ist ein fast 100 Seiten dickes, inhaltlich aber dünnes
Papier. Vor allem der zentralen Frage der künftigen Finanzierung werden nur
magere Zeilen gewidmet. Der Bericht ebnet den Weg für einen massiven
Einstieg von privaten Kapitalgebern in den Autobahn- und Bundesstraßenbau.
Die Verkehrsinfrastruktur ist an vielen Stellen marode, allein für die
Sanierung müssten nach Berechnung der Bodewig-Kommission bis 2030 jährlich
3 Milliarden Euro aufgewandt werden. Hinzu kommt, dass der lange
Wunschzettel von Politikern nach neuen Autobahnkilometern dazu geführt hat,
dass an vielen Stellen stetig ein bisschen gebuddelt wird, um das
Planungsrecht aufrechtzuerhalten. Um die Bauwerke ganz zu vollenden, fehlt
das Geld. Viele Baustellen ziehen sich so über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte
hin. Die Schuldenbremse aber verhindert, dass der Staat die niedrigen
Zinsen nutzt und selbst investiert.
Als Lösung schlug die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD)
eingesetzte Fratzscher-Kommission im vergangenen Frühjahr die Gründung
einer zentralen Bundesfernstraßengesellschaft vor. Die Planung und
Verwaltung der Straßen, die laut Grundgesetz den Ländern obliegt, sollte
auf den Bund übertragen werden. Das Gremium, in dem auch zwei Vertreter der
Versicherungswirtschaft und ein Banker saßen, sinnierte auch über einen
Ausbau sogenannter Öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) und einen
Fonds für private Anleger.
## Kapitalgeber erwarten hohe Renditen
Kritiker sehen genau darin das eigentliche Ziel der geplanten
Verwaltungsreform. „Es geht um Autobahnprivatisierung.
Versicherungskonzerne haben in der aktuellen Niedrigzinsphase ein Problem.
Nun soll ihnen erlaubt werden, dem Staat hochverzinsliche Kredite zu
geben“, sagt Carl Waßmuth von „Gemeingut in BürgerInnenhand.“
Zwar enthält der Bericht der Bodewig-II-Kommission den Hinweis, dass
private Kapitalgeber hohe Renditen erwarten und privates Kapital maximal
zur Finanzierung von Einzelprojekten herangezogen werden sollte. Auch
mehrere Landesrechnungshöfe haben bereits die hohen Kosten von
ÖPP-Projekten kritisiert. Doch die von der Kommission vorgeschlagene
Konstruktion schiebt die Entscheidung darüber dem Bund zu.
Er soll die Rolle des Bauherrn übernehmen und die Straßen bestellen,
finanzieren und das Ergebnis kontrollieren. Dafür könne eine
„Kapitalsammelstelle“ eingerichtet werden, so der Bericht. Dagegen sollen
Straßenverwaltung und Auftragsverantwortung für Neubauten bei den Ländern
angesiedelt sein. „Eine Grundgesetzänderung ist hierfür entbehrlich“, so
die Schlussfolgerung.
Gegenwärtig ringen die Länder mit der Bundesregierung um die Neuordnung des
Länderfinanzausgleichs. Bereits im Dezember versuchte Bundesfinanzminister
Wolfgang Schäuble (CDU) vergeblich, die Zusatzgelder für die Länder an die
Einrichtung einer Bundesfernstraßengesellschaft zu koppeln. Sollten die
Länder heute den Bodewig-II-Vorschlägen zustimmen, würde die
Bundesregierung dem eigentlichen Ziel der Verwaltungsreform jedoch näher
kommen: Anlagemöglichkeiten für privates Kapital zu schaffen.
Die Länder hoffen offenbar, ihre Finanzierungsprobleme bei den Landes- und
Kommunalstraßen dadurch zu lösen, dass der Bund ihnen künftig die
Planungskosten für Autobahnen und Bundesstraßen vollständig ersetzt;
gegenwärtig müssen sie die zu einem erheblichen Teil selbst stemmen.
Entscheidend ist im Bodewig-II-Bericht das, was nicht darin steht und so
zur Verhandlungsmasse wird.
23 Feb 2016
## AUTOREN
Annette Jensen
## TAGS
Autobahn
Alexander Dobrindt
PPP
Schuldenbremse
Autobahn
Privatisierung
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Autobahn
Ausbau
Logistik
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