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# taz.de -- Notstand in Frankreich: „Staatsfeinde“ ohne Ende
> Premierminister Valls will den Ausnahmezustand verlängern, bis der IS
> besiegt ist. Die Menschenrechtsliga reicht Beschwerde ein.
Bild: Drängt auf eine Verfassungsänderung: Frankreichs Staatspräsident Franc…
Paris taz | Der nach den Attentaten vom 13. November 2015 über Frankreich
verhängte Notstand muss nach Ansicht von Premierminister Manuel Valls über
die vom Parlament bewilligte Maximaldauer von drei Monaten hinaus
verlängert werden. Am liebsten wäre dem Regierungschef, wenn diese von ihm
verlangten Zugabe gar nicht mehr befristet wäre.
Denn auch mit den massiv erweiterten Rechten der Polizei bei der
Überwachung und Kontrolle von potenziellen Terroristen und anderen
„Staatsfeinden“ ist ein Ende der akuten Bedrohung nicht in Sicht.
Konkret meinte der französische Premierminister bei einem Interview mit der
BBC am Rande seines Auftritts beim Symposium von Davos, diese
Ausnahmegesetzgebung müsse „so lange wie nötig“ gelten, und das heißt f�…
ihn: „Bis der IS besiegt ist.“ Denn Frankreich befinde sich in einem
„Krieg“ gegen die Dschihadisten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), und
brauche dazu folglich „alle gesetzlich zugelassenen Mittel, um die
Franzosen zu schützen“.
Wie gesetzlich und verfassungskonform diese „Mittel“ (Hausdurchsuchungen
ohne richterlichen Befehl, Hausarrest für Verdächtige, Versammlungs- und
Demonstrationsverbote) auf Dauer sind, darüber wird diskutiert.
Die Französische Menschenrechtsliga LDH hat in dieser Woche beim obersten
Verwaltungsgericht Conseil d‘Etat eine Beschwerde eingereicht, um diese
rechtliche Ausnahmesituation mit ihren Einschränkungen demokratischer
Grundrechte zu stoppen, bevor sie zum Normalzustand wird. Mehrfach wurden
in den Medien Beispiele für die Ineffizienz oder auch den Missbrauch dieser
Vollmachten durch die Sicherheitskräfte zitiert.
## Wenig Zeit für Debatten
Für die Regierung drängt jedoch die Zeit. Die erlaubte dreimonatige Dauer
des Notstands endet am 26. Februar. Da bleibt dem Parlament nicht viel Zeit
für Debatten über eine Verlängerung. Zudem möchte Staatspräsident François
Hollande parallel eine Strafrechtsreform zum Kampf gegen den Terrorismus in
der Verfassung verankern. Eine Verfassungsänderung aber ist für eine
Staatsführung, die keine absolute Mehrheit in beiden Parlamentskammern hat,
eine zeitraubende Aufgabe.
Umstritten ist vor allem im linken Regierungslager Hollandes Vorschlag für
die geplante Verfassungsrevision, verurteilte französische Terroristen, die
eine zweite Staatsbürgerschaft besitzen, auszubürgern. Es handelt sich
dabei um eine autoritäre Politik unter dem Druck der öffentlichen Meinung.
Laut Umfragen ist bisher eine Mehrheit der Franzosen und Französinnen für
eine solche symbolische Zusatzstrafe des Entzugs der Staatsbürgerschaft
sowie die Verlängerung oder Verschärfung des Notstands.
22 Jan 2016
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
„Islamischer Staat“ (IS)
Schwerpunkt Frankreich
Francois Hollande
Notstand
Manuel Valls
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Paris
Ausnahmezustand
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