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# taz.de -- Gewalt gegen weibliche Flüchtlinge: Ein strukturelles Problem
> Es gibt zahlreiche Berichte über sexuelle Übergriffe und Gewalt in den
> Unterkünften. Eine Tagung zur Problematik bringt ernüchternde Ergebnisse.
Bild: Abschließbare Räume wären wichtig – meist gibt es in Unterkünften n…
BERLIN taz | Über den Umgang von männlichen Flüchtlingen mit Frauen sind
Politik und Gesellschaft durch die [1][Massenjagd in Köln] und anderen
Städten alarmiert. Die Polizei vermutet, dass einige der Täter aus
Flüchtlingsunterkünften stammen. Über die Frage, was das eigentlich für den
Umgang mit Frauen in diesen Unterkünften bedeuten würde, hat dagegen bisher
niemand öffentlich gesprochen.
Am Donnerstag luden nun Familienministerin Manuela Schwesig und
Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (beide SPD) zusammen mit dem Deutschen
Institut für Menschenrecht zu einer Tagung ein: „Lage erkennen – Rechte
wahren“, hieß die Veranstaltung, die ernüchternde Ergebnisse brachte.
Das Hauptproblem: Es gibt zahlreiche Berichte über sexuelle Übergriffe und
Gewalt in den Unterkünften, sei es innerhalb der Familien, seien es
Angriffe auf allein reisende Frauen. Doch es gibt nur wenig Zahlen. Ältere
Studien über Flüchtlingsfrauen zeigen immer wieder, dass sie
überproportional von Gewalt betroffen sind, doch über die aktuelle
Situation gibt es nur Einzelberichte. Die aber ernst zu nehmen seien, so
Beate Rudolf vom Deutschen Institut für Menschenrechte: „Gewalt gegen
Frauen hat überall auf der Welt strukturellen Charakter. Sie ist tief
verwoben in den jeweiligen Praxen“.
Problem zwei ist die schiere Menge der Geflüchteten. Rheinland-Pfalz etwa,
so Integrations-Staatssekretärin Margit Gottstein, hatte Anfang 2015 zwei
Füchtlingunterkünfte mit je etwa 1.000 Plätzen. Ende des Jahres waren es 26
Unterkünfte mit 16.000 Plätzen. In Nordrhein-Westfalen wuchsen die Plätze
von 7.000 auf 85.000. Schutzkonzepte gegen Gewalt waren bei diesen
Größenordnungen nicht durchzuhalten. So ist besonders wichtig, dass Frauen
abschließbare Räume und Sanitäreinrichtungen vorfinden, allein in den
Zeltstädten ist das kaum möglich.
## Strukturelle Unterstützung
Wird ein Ehemann gewalttätig, dann wenden die Frauen sich oft nicht an die
BetreuerInnen, weil sie von ihm abhängig sind und Nachteile für ihr
Asylverfahren befürchten. Kommt es doch zu einer Anzeige, dann kann die
Polizei den Täter zwar wegweisen, wie es im deutschen Gewaltschutzgesetz
vorgesehen ist – er benötigt dann aber eine spezielle Erlaubnis, sich von
seinem Wohnort weg zu bewegen. Auch kann eine Frau [2][nicht einfach ins
Frauenhaus fliehen], auch sie braucht eine Erlaubnis, um sich aus der
Unterkunft zu entfernen.
Erst jetzt, so der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien
Wohnfahrtspflege, Rolf Rosenbrock, würde angefangen, den Betreibern von
Flüchtlingsunterkünften ein Gewaltschutzkonzept vorzuschreiben.
Familienministerin Manuela Schwesig kündigte an, dass Betreiber und
BetreuerInnen demnächst ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssten
– auch das war in der Eile des sommerlichen Ansturms versäumt worden. Mit
200 Millionen Euro sollen die Räumlichkeiten verbessert werden. Die 34
Zentren zur Behandlung von Folteropfern bekommen je eine Stelle für eineN
ExpertIn für sexuelle Gewalt.
Doch die Berichte der Fachfrauen von Caritas und Diakonie offenbarten noch
viel mehr und grundlegenden Bedarf: So fehlten generell DolmetscherInnen,
Kinderbetreuung, medizinische Begleitung für Schwangere. Auch die
Finanzierung von Verhütungsmitteln sei unklar.
Rosenbrock warf noch eine andere Perspektive auf: So dürfe man nicht ganz
vergessen, dass die meisten Gewaltbetroffenen in den Unterkünften Männer
seien. Um präventiv tätig zu werden, müsse die Tatenlosigkeit in den Heimen
beendet werden. „Wenn man eine Masse Menschen über längere Zeit auf engem
Raum zusammensperrt, dann entwickelt sich Aggressivität“, erklärte er.
„Aktivieren“, und wenn es beim Putzen oder Kochen sei, sei die wichtigste
Art der Prävention.
15 Jan 2016
## LINKS
[1] /Polizeibericht-zu-Uebergriffen-in-Koeln/!5263344
[2] /Gewalt-in-Fluechtlingsunterkuenften/!5248202
## AUTOREN
Heide Oestreich
## TAGS
Flüchtlinge
Frauen
Schwerpunkt Flucht
Manuela Schwesig
Sexualisierte Gewalt
Unterbringung von Geflüchteten
Grüne
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