# taz.de -- Gewalt in Flüchtlingsunterkünften: Residenzpflicht gefährdet Fra… | |
> Für geflüchtete Frauen ist der Zugang zu Frauenhäusern erschwert. Viele | |
> der Einrichtungen sind bereits überbelegt oder schlicht zu weit weg. | |
Bild: Die dichte Belegung der Flüchtlingsunterkünfte birgt ein hohes Konflikt… | |
Berlin taz | Angenommen, eine deutsche Frau wird von ihrem Ehemann | |
geschlagen. Wieder. Und wieder. Sie sucht Zuflucht in einem Frauenhaus und | |
findet Schutz. Angenommen, eine Asylbewerberin hat einen gewalttätigen | |
Ehemann. Auch sie sucht Schutz – und hat unter Umständen ein großes | |
Problem: die Residenzpflicht. Das ergibt sich aus der Antwort der | |
Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zur Situation | |
geflüchteter Frauen, die der taz vorliegt. | |
Auf die Frage nach Schutz in Frauenhäusern antwortet die Regierung: „Für | |
die Dauer einer räumlichen Beschränkung (‚Residenzpflicht‘) für | |
Asylbewerberinnen ist die Aufenthaltsgestaltung auf den Bezirk beschränkt, | |
in dem die für die Aufnahme zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt“. | |
Mit anderen Worten: Ohne Zustimmung von Ausländer- und Sozialbehörde darf | |
eine Asylbewerberin nicht einfach umziehen. Bei den ohnehin überforderten | |
Behörden kann das dauern. Dazu kommt, dass das Netz an Frauenhäusern nicht | |
alle Landkreise abdeckt. Für manche Frauen sind die Einrichtungen erst mal | |
unerreichbar. „Die Chancen, genau im zugewiesenen Bezirk einen | |
Frauenhausplatz zu finden, sind gering“, sagt Cornelia Möhring, | |
frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion. | |
Mit dem Gewaltschutzgesetz gibt es eigentlich ein Instrument, um Opfer | |
häuslicher Gewalt zu schützen. Die Polizei kann etwa Hausverbote für | |
gewalttätige Ehemänner durchsetzen. Das Problem in | |
Erstaufnahmeeinrichtungen: Auch die Täter unterliegen der Residenzpflicht. | |
Wieder müssen die Behörden mitarbeiten. Selbst dann sind die Probleme nicht | |
gelöst. „Wir haben nicht genügend Plätze, vor allem, wenn Frauen mehrere | |
Kinder haben“, sagt Margarete Kramer vom Frauenhaus in Bonn. Zudem komme | |
die Landesregierung zwar für die Mietkosten im Frauenhaus auf, nicht aber | |
für den Unterhalt von Flüchtlingen. „Das können wir nicht mitfinanzieren.�… | |
## Hohes Konfliktpotential | |
„Es hat sich erneut gezeigt, dass es einen enormen Mangel an Schutzraum für | |
geflüchtete Frauen gibt“, sagt Möhring. Gesonderte Räume für Frauen und | |
Kinder seien kein Standard in den Flüchtlingsunterkünften. Auch darum ging | |
es in der Anfrage; die Bundesregierung verwies auf die Zuständigkeit der | |
Länder. Der Bund dürfe diese nicht alleinlassen, so Möhring. Dass | |
Finanzmittel möglich seien, zeigten das Bundesprogramm für minderjährige | |
unbegleitete Geflüchtete. Weitere Wege nicht zu nutzen sei „ein politisches | |
Armutszeugnis“. | |
Es gebe unter Geflüchteten prinzipiell nicht mehr oder weniger Gewalttäter | |
als im Rest der Gesellschaft, sagt Möhring und wird durch eine am Freitag | |
vorgestellte Statistik des Bundeskriminalamts bestätigt, die keinen | |
signifikanten Anstieg der Kriminalität ergab. Das Zusammenpferchen vieler | |
teils schwer traumatisierter Menschen treibe das Konfliktpotenzial aber in | |
die Höhe, so die Linke. Dass Gewalt gegen Frauen ein generelles Problem | |
sei, sagt auch Kramer vom Bonner Frauenhaus: „Die Frauen erzählen die | |
gleichen Geschichten wie die, die auch jetzt bei uns sind. Da ist es | |
ziemlich egal, woher die Leute kommen.“ | |
15 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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