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# taz.de -- Die neue ARD-Chefin stellt sich vor: Für eine neue Fehlerkultur
> Die MDR-Intendantin Karola Wille will die Vorgänge in ihrem Senderverband
> transparenter gestalten – vor allem das, was schiefläuft.
Bild: Weniger Fehler machen, aber mehr davon zugeben – das ist die Devise von…
Leipzig taz | Transparenz war schon das große Thema von Karola Wille, als
sie vor vier Jahren Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) wurde.
Damals musste sie Skandale innerhalb des MDR aufklären und aufarbeiten,
darunter die Finanzaffären des Unterhaltungschefs Udo Foht und innerhalb
des Kinderkanals. Zum neuen Jahr hat Wille den Vorsitz der ARD übernommen,
dem Turnus gemäß, der einen regelmäßigen Wechsel zwischen den
Landesanstalten vorsieht. Und wieder macht sie Transparenz zu ihrem Thema.
Wille leitet die Geschäfte der ARD zu einer Zeit, in der das Vertrauen in
die Öffentlich-Rechtlichen massiv gelitten hat – zum Teil aus eigenem
Verschulden, zum Teil aus einer unguten Mischung von Rechtspopulismus und
Verschwörungstheorien.
Vertrauen sei eine „journalistische Währung“, sagte Wille gestern auf ihrer
ersten Pressekonferenz als Vorsitzende in Leipzig. Glaubwürdigkeit und der
Dialog mit dem Beitragszahler müssten daher die Basis für die ARD sein.
Dazu gehörten auch Transparenz und eine neue Fehlerkultur: Fehler
akzeptieren, kommunizieren und richtigstellen. Das hatte zuletzt nicht ganz
so gut geklappt: ARD und ZDF standen in den vergangenen Tagen in der
Kritik, zu spät und nicht informiert genug über die Gewalt zu Silvester in
Köln berichtet zu haben.
Das ZDF hatte sich am Dienstagmorgen offensiv in einem Beitrag bei Facebook
entschuldigt und „Versäumnisse“ und „Fehleinschätzungen“ [1][eingerä…
Der WDR folgte [2][erst einen Tag später] – nicht mit einer Entschuldigung,
sondern mit einer Erklärung der Redaktionsabläufe. So durcheinander wie die
Nachrichtenlage in dieser Zeit gewesen sei, halte sie die Berichterstattung
des WDR generell für angemessen, sagte Wille gestern.
Allerdings sei zu untersuchen, ob es nicht frühere Berichte hätte geben
können. Ein Schweigekartell, wie es unter anderem der ehemalige
Bundesinnenminister Hans Peter Friedrich (CSU) bei den
öffentlich-rechtlichen Medien vermutet hatte, könne sie aber nicht
erkennen.
## Das ZDF ist schon einen Schritt weiter
Wille glaubt, dass die Intendantenkollegen ihre Vorstellungen von
Transparenz teilen werden. Mit einigen habe sie bereits darüber gesprochen
und festgestellt, dass sich alle einig seien, dass es eine neue
Fehlerkultur brauche. Allerdings ist bei der ARD bislang nicht allzu viel
von dieser Einigkeit zu sehen gewesen. So pflegt das ZDF zum Beispiel auf
der Webseite von heute.de [3][eine Rubrik], in der Fehler korrigiert und
berichtigt werden.
Die ARD hat bislang keinen entsprechenden Platz auf ihrer Webseite.
Unregelmäßig nimmt dafür der „ARD aktuell“-Chef Kai Gniffke [4][im Blog …
„Tagesschau“] Stellung, wenn die Kritik an der ARD besonders groß ist. Ob
das reiche, werde man diskutieren, so Wille. Sie könne sich eine Plattform,
ähnlich der des ZDF, vorstellen.
Dass so viele Menschen dem Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr vertrauen,
liege auch daran, dass sie zu wenig über die Medien wüssten, glaubt Wille.
In Erfurt möchte sie daher ein Zentrum für Medienkompetenz aufbauen, das
trimedial arbeiten soll. Dazu soll auch ein monatliches Medienmagazin im
Fernsehen gehören, in etwa wie das NDR-Format „Zapp“, das medienkritisch,
aber auch medienpädagogisch berichten soll.
Ein zweites großes Thema sieht Wille in der Digitalisierung. Die ARD habe
bislang nicht das volle Potenzial des Digitalen ausgeschöpft. Diskutieren
will sie daher mit den Intendanten-Kollegen unter anderem über die
Mediatheken. Die sollten nutzerfreundlicher werden, dazu gehöre auch die
Personalisierung des Angebots. Bisher hatten sich die Verantwortlichen für
Fernsehforschung innerhalb der ARD gegen Personalisierung verwehrt – zu
groß war die Skepsis gegenüber der Datensammelei. Aber private
Streaminganbieter, die ihren Zuschauern schon seit Langem ein
personalisiertes Programm auf Basis von deren Lieblingssendungen bieten,
zwingen den Öffentlich-Rechtlichen das Thema nun regelrecht auf.
## Einen Platz in den Sozialen Medien finden
Konkurrenz sieht Wille unter anderem in Netflix, das gerade angekündigt
hat, in weitere 130 Länder expandieren und ein globales Fernsehnetz werden
zu wollen, aber auch in Facebook, das mit seinem Angebot „Instant
Articles“, das Artikel von Nachrichtenseiten gut lesbar und animiert
anbietet. 20 Prozent der Deutschen nutzten soziale Medien als primäre
Informationsquelle – in dieser sich wandelnden Welt müsse die ARD ihren
Platz finden. Ein wichtiger Schritt dahin soll das von ARD und ZDF
gemeinsam betriebene Jugendangebot werden, das – so denn alle 16 Landtage
zustimmen – am 1. Oktober 2016, zusammen mit dem neuen
Rundfunkstaatsvertrag, starten soll.
Als Vorsitzende der ARD übernimmt Karola Wille die Geschäftsführung der
Arbeitsgemeinschaft. Die Gestaltung der einzelnen Anstalten obliegt jedoch
den jeweiligen Intendanten. Wille ist die bisher zweite Vertreterin des
MDR. Ihr Vorgänger, Udo Reiter, hatte ihn von 1997 bis 1998 inne. Wille,
die in Karl-Marx-Stadt geboren ist und nach ihrem Jura-Studium in Jena 1990
als juristische Referendarin zum MDR kam, setzte sich 2011 gegen den
Widerstand der sächsischen Staatskanzlei als Intendantin durch.
Turnusgemäß hätte Wille den Vorsitz schon im vergangenen Jahr übernehmen
soll – dann wurde ihr Vorgänger vom NDR, Lutz Marmor, aber um ein Jahr
verlängert. Zu Silvester um Mitternacht übergab Marmor nun sein Amt mit
einer privaten SMS an Wille, die davon ausgeht, dass sie es zwei Jahre
bekleiden wird.
11 Jan 2016
## LINKS
[1] http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/koeln-uebergriffe-an-silvester-…
[2] http://www1.wdr.de/unternehmen/berichterstattung-wdr-uebergriffe-koeln-hbf1…
[3] http://www.heute.de/zdf-in-eigener-sache-korrekturen-37527168.html
[4] http://blog.tagesschau.de/author/gniffke/
## AUTOREN
Anne Fromm
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