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# taz.de -- Großbritannien vor dem Referendum: Es könnte sehr knapp werden
> Der Volksentscheid über den möglichen Austritt aus der EU ist das Thema
> des Jahres auf der Insel. Cameron will in jedem Fall Premierminister
> bleiben.
Bild: Premierminister David Cameron ist guter Hoffnung, einen Deal mit der EU a…
Dublin taz | Ein Rücktritt komme nicht in Frage. In dem traditionellen
BBC-Interview zum Jahresanfang erklärte David Cameron am Sonntag, dass er
britischer Premierminister bleiben werde, selbst wenn sich die Wähler im
Referendum für den Austritt aus der Europäischen Union entscheiden sollten.
„Ich habe im Wahlprogramm versprochen, einen Volksentscheid abzuhalten,
aber ich habe kein Ergebnis versprochen“, sagte er.
„Mein Ziel sind jedoch Neuverhandlung, Referendum und die Sicherung von
Großbritanniens Platz in einer reformierten Union.“ Pläne für den Fall des
EU-Austritts habe er nicht.
Das sei eine Schande, meinte der frühere innenpolitische Sprecher der
Tories, David Davis. Schließlich sei ein knappes Resultat zu erwarten. Ein
namentlich nicht genanntes Kabinettsmitglied soll Cameron darauf
hingewiesen haben, dass es klug wäre, Pläne für ein mögliches Nein zur EU
aufzustellen. Cameron habe das zurückgewiesen.
Er gab sich in dem Interview zuversichtlich, dass seine Verhandlungen über
eine Reform der EU von Erfolg gekrönt sein werden. „Es ist harte Arbeit“,
sagte er, „aber ich habe die Punkte identifiziert, die wir in der EU
verändern müssen, weil sie uns verrückt machen.“ Er verlangt eine Garantie,
dass Länder ohne Euro-Währung nicht gegenüber Euro-Ländern benachteiligt
werden.
## Cameron gibt sich stets zuversichtlich
Außerdem will Cameron, dass Großbritannien von der „immer engeren Union der
europäischen Völker“ ausgenommen werde. Und schließlich möchte er
durchsetzen, dass Migranten aus der EU vier Jahre lang kein Kindergeld oder
andere Sozialleistungen in Großbritannien erhalten. Der letzte Punkt wird
auf erheblichen Widerstand vor allem bei seinen osteuropäischen Kollegen
stoßen.
Dennoch glaubt Cameron, dass es beim nächsten EU-Gipfel im Februar einen
Deal geben werde. Dann könne das Referendum im Juni stattfinden, sagte er.
Intern haben sich die Tories aber wohl damit abgefunden, dass der
Volksentscheid auf September verschoben werden muss. Britische
Rechtsexperten haben darauf hingewiesen, dass ein möglicher Deal juristisch
äußerst komplex sei, so dass er erst beim EU-Gipfel im März abgesegnet
werden könne.
Da mindestens 16 Wochen zwischen dem Ende der Verhandlungen und dem
Referendum liegen müssen, um die notwendigen sekundären Rechtsvorschriften
zu verabschieden, wäre der früheste Termin Mitte Juli. Der kommt aber nicht
in Frage, weil dann in Schottland bereits Schulferien sind.
## Überraschungssong für Cameron
Einige Tory-Abgeordnete haben behauptet, dass mindestens zwei Drittel ihrer
Kollegen für den EU-Austritt seien – insgesamt 210 von 330 Abgeordneten.
Sie könnten das Abstimmungsverhalten in ihren Wahlkreisen erheblich
beeinflussen. Ob sich jedoch alle am Ende öffentlich gegen die offizielle
Parteilinie stellen werden, ist zu bezweifeln, obwohl Cameron nicht nur
seinen Abgeordneten, sondern auch seinen Ministern gestattet hat, sich für
den EU-Austritt einzusetzen. Das ist ein Eingeständnis, dass seine Partei
bei dem Thema tief gespalten ist.
Das Live-Interview endete mit einer Überraschung für Cameron. Die Band
Squeeze, die in den 80iger Jahren einige Hits in Großbritannien hatte,
durfte zum Ausklang ein Lied von ihrem neuen Album „From The Cradle To The
Grave“ vortragen. Der Sänger Glenn Tilbrook hatte die letzte Strophe zu
einer „Botschaft an den Studiogast“ umgeschrieben. Während es im Original
um die schnelllebige Zeit ging, sang Tilbrook stattdessen: „Manche hier
sind darauf versessen, den Wohlfahrtsstaat zu zerschlagen.“ Cameron
applaudierte höflich.
12 Jan 2016
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Großbritannien
David Cameron
EU-Referendum
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