# taz.de -- Kommentar Politischer Kurs in Polen: Die PiS und der Blitzkrieg | |
> Noch findet keine ernsthafte Diskussion über PiS statt. Die Gegner im | |
> Inland verlacht die Partei nur. Deshalb braucht es Intervention von | |
> außen. | |
Bild: PiS? Nein. Frieden? Ja. Dumm nur, dass die PiS sich von den Demos im Land… | |
Polens neue Regierung sieht sich von Feinden umzingelt. Der Kampf verlangt | |
von den Abgeordneten der rechtsnationalen „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) | |
geradezu Übermenschliches. In langen Nachtsitzungen jagen sie neue Gesetze | |
durchs Parlament, die wie Streubomben in die Stellungen der Feinde | |
einschlagen. Gegner wie Anhänger der Regierung benutzen das gleiche | |
deutsche Wort für diese Form der Parlamentsarbeit – „blitzkrieg“. | |
Und während Premier Beata Szydło gegen den „Terror der Interessengruppen“ | |
im Inland kämpft, macht Jarosław Kaczyński, der PiS-Parteichef und zurzeit | |
mächtigste Mann Polens, gegen das „russisch-deutsche Kondominium“ mobil, | |
das angeblich seit Jahren schon Polen in seinen Krallen hält. | |
Martin Schulz, Präsident des EU-Parlaments, ist einer der schärfsten | |
Kritiker des PiS-Kurses. „Staatsstreichcharakter“ hat für ihn der Umbau der | |
parlamentarischen Demokratie Polens in einen autoritären Obrigkeitsstaat | |
ohne Gewaltenteilung und funktionierendes Verfassungsgericht. Nun, kurz | |
nachdem die PiS den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter | |
Regierungskontrolle stellte, spricht er gar von einer „gelenkten Demokratie | |
nach Putins Art“. Das ist vielleicht eine Spur zu scharf, aber nicht | |
falsch. | |
Gegner des Demokratieabbaus in Polen werfen Kaczyński nichts anderes vor. | |
Dass das Wort von der angeblichen „Putinisierung“ dabei nur die Oberfläche | |
trifft, dürfte den meisten klar sein. Denn Kaczyński eifert natürlich nicht | |
Putin nach, sondern General Jósef Piłsudski und seinem | |
autoritär-faschistoiden Staat in der Zwischenkriegszeit. | |
Noch ist Polens Gesellschaft überrumpelt von diesem „blitzkrieg“ der PiS. | |
Eine ernsthafte Diskussion findet nicht statt, da die PiS ihre Gegner im | |
Inland nur verlacht und ihren Wahltriumph auskostet. Die einzigen | |
Gesprächspartner, die eine Chance haben, von der Regierung in Warschau | |
gehört zu werden, sind Ausländer. Deshalb ist die Intervention von Schulz | |
trotz allem richtig. | |
12 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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