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# taz.de -- Regierung will Staatsfernsehen: Die „Repolonisierung“ Polens
> Die rechtsnationale Regierung will die öffentlich-rechtliche Struktur der
> Medien verstaatlichen. Das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit.
Bild: In Polen gehört ein großer Teil der Zeitungen deutschen Verlegern – a…
Warschau taz | Polens neue rechtsnationale Regierung will zurück zum
Staatsfernsehen. Die öffentliche-rechtliche Struktur von Fernsehen, Radio
und der polnischen Nachrichten-Agentur PAP habe angeblich zu Pathologien
geführt. Professor Piotr Gliński, Polens neuer Kulturminister, will
anstelle der bisherigen Aktiengesellschaften Kulturinstitute nach dem
Vorbild der Nationaloper oder des Nationalmuseums schaffen. An der Spitze
der Staatsmedien soll jeweils ein von der regierenden Partei ernannter Chef
stehen. Auch die künftige Mission der Staatsmedien soll in der
Parteizentrale formuliert werden.
Ähnliches hatte die PiS bereits 2005 getan, als sie zum ersten Mal in Polen
mit zwei Koalitionspartnern regierte. Seit den Wahlen im Oktober dieses
Jahres verfügt die PiS über die absolute Mehrheit im Parlament. Auch Polens
Präsident Andrzej Duda stammt aus den Reihen der PiS. Das Mediengesetz war
das erste Gesetz überhaupt, das die PiS 2005 verabschiedete. Mit dessen
Hilfe konnten von 2005 bis 2007 an fast allen Schaltstellen des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks PiS-nahe Journalisten installiert werden.
Der Journalist Krzysztof Czabański, der damals mit Gruppenentlassungen das
polnische Radio „verjüngt“ und auf Linie gebracht hatte, soll auch jetzt
wieder für Personalfragen in den künftigen Staatsmedien verantwortlich
sein. Zur Seite stehen soll ihm Jacek Kurski, der den Spitznamen
„Bullterrier Kaczyńskis“ trägt. Zwar war Kurski für seine Auflehnung geg…
Kaczyńskis im politischen Aus gelandet, doch seit kurzem darf er wieder
„zubeißen“. Jarosław Kaczyński selbst, der PiS-Parteivorsitzende, hat zw…
keinen Regierungsposten inne, gilt aber seit Oktober als mächtigster Mann
Polens. Er bestimmt die Richtung, verteilt die Posten im Staat und will die
Verfassung Polens durch eine neue ersetzen.
Eine „Repolonisierung“ steht auch den Verlagen im privatwirtschaftlichen
Sektor bevor. Die neue Regierung wolle bei den Lokalzeitungen „die
Besitzverhältnisse ändern“, sagt Gliński ganz offen. Sie erwäge demnach,
die Anteile ausländischer Verlage „zurückzukaufen“, eigene polnische
Zeitungen zu gründen oder bestehende stärker zu fördern. In Polen gehört
ein großer Teil der Zeitungen deutschen Verlegern.
Jarosław Sellin, ein weiterer PiS-Politiker, der demnächst im
Kulturministerium das Sagen haben wird, erläuterte gegenüber dem
rechtsradikalen Internetportal wPolityce, wie die neue Regierung die
„Repolonisierung“ der Medien durchführen werde. Entscheidend seien der
Landes-Rundfunk- und Fernsehrat (KRRiTV) sowie das Amt für Wettbewerbs- und
Verbraucherschutz (UOKiK). Sie würden demnächst ganz genaue demnächst
genaue Vorschriften erhalten, wie einer marktbeherrschenden
Pressekonzentration entgegenzutreten sei. „Leider“, so Sellin, sei es in
der Vergangenheit nicht gelungen, den Pressemarkt Polens zu schützen, in
bestimmten Bereichen seien Monopolisten aufgetaucht – „deutsche
Pressekonzerne“. Doch mit den neuen Vorschriften sei das „in den Griff zu
bekommen“.
Polens Pressemarkt hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Die
Auflagen fast aller Zeitungen sind so massiv gefallen, dass kaum ein Verlag
es sich noch leisten kann, nur eine oder mehrere Zeitungen herauszugeben.
Internetportale, Radio- und Fernsehstationen, Fotoagenturen und Buchverlage
ergänzen das Kerngeschäft. An diesem Scharnier könnte Polens neue Regierung
den Hebel ansetzen, um unliebsame ausländische – zumeist deutsche – Verlage
zum Verkauf von Unternehmensteilen zu zwingen.
Treffen könnte es aber auch die von fast allen rechten Politikern wie
Medien angefeindete Tageszeitung Gazeta Wyborcza. Die bis heute von Adam
Michnik, dem einstigen Freiheitskämpfer und Solidarność-Bürgerrechtler
geleitete Zeitung, wird im Umkreis der PiS häufig als „koschere Zeitung“
oder Gazeta Żydowska (Jüdische Zeitung) bezeichnet. Auch die Gazeta
Wyborcza besitzt heute, wie die von der PiS kritisierten deutschen Verlage,
Internetportale, kleine Radio- und Fernsehstationen sowie einen Buchverlag.
20 Nov 2015
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Presse
Schwerpunkt Pressefreiheit
Öffentlich-Rechtliche
Polen
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